Teure Energie, hohe Arbeitskosten, extreme Bürokratie und eine starke Steuerbelastung bringen den Wirtschaftsstandort Europa und somit auch Österreich immer stärker unter Druck. Bereits vier von zehn heimischen Industrieunternehmen verlagern daher ihre Produktion ins Ausland. „Die Lage ist extrem besorgniserregend“, warnt Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer, der dringenden Handlungsbedarf sieht.
„Europa und auch Österreich haben ein substanzielles Problem, ihre Wettbewerbsfähigkeit aufrechtzuerhalten“, so der Kammer-Chef weiter. Das untermauern auch die jüngsten Ergebnisse einer Deloitte-Studie. Drei Viertel der Unternehmer sehen bereits die Gefahr einer Deindustrialisierung. In Deutschland haben in den letzten drei Jahren zwei von drei Industriebetrieben ihre Produktion oder Teile davon ins Ausland verlagert.
Österreich würde hier rund zwei Jahre „hinterherhinken“, so Mahrer. Der Zug nehme aber auch bei uns Fahrt auf. Bereits 41 Prozent unserer Firmen verlagerten in den letzten drei Jahren Teile der Wertschöpfungskette in andere Länder. Das werde sich auch deswegen noch beschleunigen, weil viele unserer Unternehmen stark an der deutschen Industrie hängen.
Kostenintensive Bereiche stark betroffen
Besonders hohe Abwanderungstendenzen haben kostenintensive Sektoren. Ganz vorne steht die Teilefertigung, wo 40 Prozent schon verlagert haben oder es planen. Dahinter folgen mit 38 Prozent Produktionsbetriebe im Allgemeinen, Vormontage (32 Prozent), Endmontage (24 Prozent) und die Lagerhaltung (20 Prozent).
Nordamerika und Asien immer attraktiver
Waren es in der Vergangenheit in acht von zehn Fällen andere Länder in Europa, wo man sich niedergelassen hat, gewinnen nun Asien (zum Beispiel Vietnam, Malaysia, Südkorea) oder die USA immer stärker als Standort an Bedeutung. „Asien und die USA nutzen die europäische Schwäche, um Investitionen anzuziehen“, betont Mahrer.
Wo die Probleme liegen
Die Gründe, warum Österreich immer unattraktiver wird, sind vielfältig. Knapp acht von zehn Betrieben geben jedoch die hohen Arbeitskosten als Hauptgrund für die Verlagerung an. Eine echte Senkung der Lohnnebenkosten sei daher dringend nötig. Gleich dahinter folgt für zwei von drei die überbordende Bürokratie (Berichts- und Kontrollpflichten, Nachhaltigkeitsberichte, usw.), die Österreich und auch die EU den Firmen aufbürdet. Selbst Berater würden sich nicht mehr auskennen, so der WKO-Chef, der die Zweckmäßigkeit mancher Vorschriften hinterfragt.
Energiepreis, Arbeitskräfte und Steuern von zentraler Bedeutung
Ebenfalls von zentraler Bedeutung sind für 61 Prozent der Industriebetriebe Energiesicherheit und -kosten. 63 Prozent kritisieren das Thema Steuern und Abgaben sowie 64 Prozent die Verfügbarkeit von Arbeitskräften.
Wer in der Pension arbeitet, soll Brutto für Netto bekommen
Aus diesen Gründen brauche es eine klare Standortstrategie für Österreich. Zum Thema Entlastung des Faktors Arbeit kann sich Mahrer neben der Senkung der Lohnnebenkosten auch eine Steuerbefreiung jener Menschen vorstellen, die nach dem Erreichen des Regelpensionsalters noch arbeiten. Ihr Brutto soll dann netto ausbezahlt werden. Der Arbeitgeber zahlt „nur“ eine Unfallversicherung. „Warum sollte ich doppelt Krankenversicherung zahlen?“, so Mahrer. Damit könne man mehrere Zehntausend (erfahrene) Mitarbeiter in der Arbeitswelt halten. Geändert gehören auch die Besteuerung von Voll- und Teilzeit. Mahrer: „Wer Vollzeit arbeitet, darf nicht der Dumme sein.“
Aber auch bei der Energie müsste man für „sichere“ Preise sorgen. Planbarkeit, als auch die Preise sei in anderen Ländern zum Teil deutlich besser. Und auch das „Bürokratiemonster“, welches derzeit sozusagen frei herumlaufe, müsse dringend eingefangen werden.
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