Österreichische Behörden haben in den vergangenen zehn Jahren einen deutlichen Anstieg von Gewalt und Überfällen mit Stichwaffen verzeichnet. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) spricht nun im „Krone“-Interview über Gewalt an Frauen, eine neue Einsatzgruppe gegen Jugendbanden, sein Verständnis für Ärger – und „Messer-Sperrzonen“.
„Krone“: Herr Innenminister, drei ermordete Frauen in einem Erotikstudio, Serienmissbrauch einer 12-Jährigen und zuletzt eine tote 14-Jährige aus prekärem Milieu in einer Wohnung. Ist Wien noch sicher für Mädchen und Frauen?
Gerhard Karner: Ja, aber wenn Fälle in so einer Häufung stattfinden, dann führt das klarerweise zu Verunsicherung, zu Angst. Und das ist Aufgabe der verantwortlichen Politik und Polizei, nachzuschärfen. Aus diesem Grunde wurde auch eine Arbeitsgruppe von Experten aus den unterschiedlichen Bereichen – Polizei, Justiz – eingesetzt. Mit dem klaren Ziel: Kinder schützen, Jugend erziehen, Gewalttäter bestrafen. Ich habe auch den Generaldirektor für öffentliche Sicherheit angewiesen, eine Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Jugendkriminalität einzurichten. Der Schwerpunkt liegt auf Kontrollen in Ballungsgebieten und Brennpunkten.
Und wie ist es mit der Absenkung des Strafalters?
Zur Strafmündigkeit wird es Vorschläge geben, denn jemand, der etwas tut, was nicht den Regeln, den Gesetzen entspricht, muss mit Konsequenzen, Sanktionen oder auch Strafen rechnen. Egal, wie alt. Aber wir wollen auch im Bereich des Tragens von Waffen etwas machen (Anm. d. Redaktion: rechtlich möglich durch Novelle zum Waffengesetz). Wir haben schon jetzt die Möglichkeit, Waffenverbotszonen auszusprechen ...
Jetzt geht es darum, ob wir, wie das auch andere europäische Länder haben, eine gesamte Waffen- und Messer-Verbotszone einrichten. Mit klaren Ausnahmen für Brauchtum, Jagd, auch das klassische Jausenmesser, da gibt es ja auch unterschiedliche Kategorisierungen. Aber es kann mir keiner erzählen, dass ich auf öffentlichen Plätzen mit Messern, die als Waffe dienen, bis zu den Zähnen bewaffnet, unterwegs sein muss.
Afghanistan, Syrien, Multikulti. Alle drei genannten Fälle haben einen Flüchtlings- bzw. Migrationshintergrund. Sind wir in der Integrationsfrage schon gescheitert?
Zunächst, ich bin nicht bereit, alle in einen Topf zu werfen. Das habe ich nie getan, und das werde ich nie tun. Menschen aus allen Ländern dieser Welt sind wertvolle Mitglieder unserer Gesellschaft. Das reicht von Pflegenden bis hin zu „Krone“-Kolporteuren. Aber es gibt bestimmte Nationalitäten, die in der Kriminalstatistik auffällig sind. Und auch das muss und wird von mir angesprochen werden ...
Das sind zum Teil Menschen aus Afghanistan und aus Syrien, die Jahre zum Teil in türkischen Flüchtlingscamps verbracht haben, null Zugang zu Bildung oder zu einem reglementierten Leben hatten. Hier müssen, und das habe ich beim letzten Innenminister-Treffen auf die Tagesordnung gebracht, auch wieder Abschiebungen möglich sein. Ich glaube, in der Frage Jugendkriminalität, Ausländerkriminalität, Frauenmorde ist es notwendig, besonnen und konsequent zu sein. Nicht laut und radikal.
Ein Großteil der Verdächtigen des Missbrauchsfalls an der 12-Jährigen sind strafmündig. Als Vater von drei Kindern, was sagen Sie den Eltern des missbrauchten Mädchens, dass bis auf einen alle anderen 17 Verdächtigen frei sind? Oder verstehen Sie wiederum als Innenminister die Entscheidung der Justiz?
Ich möchte das so sagen, als Chef der Polizei, und das bin ich als Innenminister, habe ich mir vorgenommen, die Justiz nicht zu kritisieren. Weil damit Strafverfolgung funktionieren kann, braucht es eine enge Zusammenarbeit. Ich habe aber auf der anderen Seite großes Verständnis für Ärger, Sorge, zum Teil auch Wut, dass hier Gewalttäter noch immer zum Teil frei herumlaufen, und die Frau Justizministerin ist untergetaucht.
Missbrauchs-Videos, Drohungen, Hass im Netz – ist das Handy nicht schon, weil immer bei der Hand, eine gefährliche Waffe?
Vielleicht ein paar Punkte. Ich habe zuerst das Thema „Messer, Waffe“. Wenn ein Messer zur Waffe wird, dann müssen wir darüber nachdenken, wie wir das entziehen, verhindern können. Und ähnlich sehe ich es auch mit der Handynutzung, vor allem für Kinder und Jugendliche. Wie kann ich das Jugendschutzgesetz mit Leben erfüllen? Im Bereich der Mediennutzung ist es zum Teil das Papier nicht wert, auf dem es steht. Was meine ich damit? Im Jugendschutzgesetz ist klar definiert, welcher Jugendliche in welchem Alter in welchen Kinofilm darf. Es passiert nicht selten, dass ein 12-, 13-Jähriger im Kino bei einem Film, der ab 14, vielleicht ab 16 ist, nicht hineingelassen wird.
Er sich aber dann auf der Bank vorm Kino Gewaltvideos, Pornos, antisemitische, rassistische oder islamistische Videos ansehen kann. Und da wird wahrscheinlich die Verantwortung der Eltern eine wesentliche Rolle spielen müssen. Da gibt es technische Möglichkeiten, die genutzt werden können und sollten.
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