Ministerium wortkarg

Wirbel um Wien-Termin eines hohen Putin-Vertreters

Wien
13.03.2024 10:38

Nach einem Treffen in der Slowakei reiste ein Kulturvertreter des Kremls Anfang dieser Woche weiter nach Wien. Termine mit Vertretern des offiziellen Österreich wurden offenbar im letzten Moment abgesagt, was Russland stark bekrittelt. Ob dem Kreml-Vertreter ein Visum ausgestellt wurde, blieb vom Außenministerium bisher unbeantwortet.

Der seit 2008 amtierende Sondervertreter des russischen Präsidenten für internationale Kulturzusammenarbeit, Michail Schwydkoj, hat sich Anfang der Woche in Wien aufgehalten, wo er laut eigenen Angaben Vertreter des offiziellen Österreich hätte treffen wollen. In letzter Minute seien jedoch alle Treffen gecancelt worden, erzählte der hochrangige Kreml-Bürokrat und ehemalige Kulturminister am Montag den staatlichen russischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti und TASS.

Beim von europäischen Sanktionen nicht betroffenen Amtsträger handelt es sich wahrscheinlich um den höchstrangigen Abgesandten des Kreml, der seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine am 24. Februar 2022 nach Österreich gekommen ist.

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Angesichts der Rolle, die Russland in der Geschichte Österreichs spielt, und der großen Bedeutung von Kontakten in Kultur und Bildung mit Österreich, ist die Absage der Treffen eine kurzsichtige Position.

Michail Schwydkoj, amtierender Sondervertreter des russischen Präsidenten für internationale Kulturzusammenarbeit

Rede am Brahmsplatz
Im Rahmen seines „offiziellen Besuchs“ in Österreich hatte Schwydkoj am Montagvormittag zunächst etwa 20 Angehörige der russischen Community im Kulturinstitut am Wiener Brahmsplatz getroffen. Laut Anwesenden hatte er dabei in einer kurzen Rede insbesondere betont, dass es nach den Präsidentschaftswahlen am Sonntag zu keinen Veränderungen des politischen Kurses in Moskau kommen würde.

Ansuchen um Subventionen
In Folge wandten sich Vertreter von russischen Kultur-und Bildungsprojekten in Österreich fast zwei Stunden lang mit konkreten Anliegen an den Kreml-Bürokraten und ersuchten um Unterstützung sowie Subventionen. Der Vertreter des Präsidenten habe dazu Anmerkungen in einem kleinen Notizblock gemacht, schilderte am Dienstag einer der Beobachter, der in den ersten Märztagen zum Treffen eingeladen worden war.

„Zuspielen von Bällen“
„Es gab jetzt vorläufige, sehr vorläufige Abmachungen über Treffen mit Kollegen, die offizielle Strukturen Österreichs vertreten, aber im letzten Moment haben alle leider abgesagt“, sagte Schwydkoj im Anschluss der Nachrichtenagentur RIA Nowosti. Er sprach dabei auch von einem kürzlichen „Zuspielen von Bällen“ auf der Ebene von österreichischen Regierungsstellen, die er jedoch nicht weiter spezifizierte. Angesichts der Rolle, die Russland in der Geschichte Österreichs spiele, und der großen Bedeutung von Kontakten in Kultur und Bildung mit Österreich, sei die Absage der Treffen eine „kurzsichtige Position“. So schwierig die Gegenwart sein möge, sei es doch nötig an die Zukunft zu denken, erläuterte der Russe.

Michail Schwydkoj im jahr 1997 beim damaligen russischen Präsidenten Boris Jelzin (Bild: AFP)
Michail Schwydkoj im jahr 1997 beim damaligen russischen Präsidenten Boris Jelzin

Der Sondervertreter betonte gleichzeitig gegenüber den Nachrichtenagenturen, dass die neue slowakische Kulturministerin Martina Šimkovičová ein Verbot der Zusammenarbeit mit russischen Kulturinstitutionen aufgehoben habe. Ein Sprecher der russischen Botschaft in Österreich erklärte am Dienstag, dass laut seinen Informationen Schwydkoj aus Wien nach Bratislava weitergereist sei.

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Es gab keine Termine mit Vertreterinnen oder Vertretern des Außenministeriums.

Eine Sprecherin des österreichischen Außenministeriums

Außenministerium wortkarg
„Es gab keine Termine mit Vertreterinnen oder Vertretern des Außenministeriums“, erklärte eine Sprecherin des österreichischen Außenministeriums am Dienstagabend. Die Frage, ob man im Ministerium von geplanten und schließlich abgesagten Treffen des Kreml-Vertreters gewusst habe, ließ sie unbeantwortet. Eine Antwort auf die Frage, ob Schwydkoj mit einem österreichischen Schengen-Visum nach Wien gereist sei, verweigerte sie indes explizit: „Auskünfte über einzelne Verwaltungsverfahren, wie auch Visaverfahren, unterliegen den Datenschutzbestimmungen.“

„Wir können ausschließen, dass jemand aus der Kunst- und Kultursektion ein solches Treffen in Aussicht genommen hätte“, betonte am Mittwoch ein Sprecher von Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer. 

NEOS fordern Aufklärung
„Wie kann es sein, dass jemand aus Putins engstem Umfeld einfach unbehelligt in Österreich einreisen kann?“, kritisierte die Nationalratsabgeordnete Stephanie Krisper am Mittwochnachmittag in einem Statement. Die Sprecherin der NEOS für Inneres forderte „dringende Aufklärung“ und bezeichnete den Verweis des Außenministeriums auf Datenschutz in diesem Kontext als „Farce“. Sie werde offene Fragen am Donnerstag im ständigen Unterausschuss des Innenausschusses auch an die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) richten, kündigte die liberale Politikerin an. Gleichzeitig forderte sie erneut die Schließung des russischen Kulturinstituts.

Enge Kontakte nach Österreich
In seiner langjährigen Tätigkeit als Sondervertreter des russischen Präsidenten für internationale Kulturzusammenarbeit hatte der ehemalige Kulturminister und Fernsehmacher Schwydkoj wiederholt enge Kontakte nach Österreich. Im Juni 2019 diskutierte er etwa öffentlich in St. Petersburg mit der Generaldirektorin des Kunsthistorischen Museums, Sabine Haag, dem Ko-Vorsitzenden des 2022 ruhendgestellten österreichisch-russischen Sotschi-Dialogs, Christoph Leitl, und dem damaligen Leiter des österreichischen Kulturforums in Moskau, Simon Mraz. Haag und Mraz ließen wissen, den Kreml-Bürokraten nunmehr in Wien nicht getroffen zu haben. 

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