Umstrittenes Vorhaben

EU will Gesundheitsdaten von 450 Millionen Bürgern

Politik
14.03.2024 21:13

Die Europäische Kommission will die Gesundheitsdaten aller 450 Millionen EU-Bürger sammeln und für Forschung, Diagnose und mehr nutzen. Österreich unterstützt das umstrittene Vorhaben. Gesundheitsminister Johannes Rauch geht nun an die Öffentlichkeit, um Fake News vorzubeugen, wie er sagt. Das Projekt wird seit zwei Jahren verhandelt und befindet sich gerade in der heißen Phase. 

Derzeit entscheidet sich im EU-Parlament, ob eine Einigung noch in dieser Legislaturperiode gelingt. Für Rauch sind Vernetzung und Nutzung der Gesundheitsdaten „unverzichtbar“, denn sie würden europaweit einheitliche Rahmenbedingungen und eine bessere Versorgung ermöglichen, der Forschung nutzen und Diagnosen deutlich erleichtern.

Künstliche Intelligenz sei nämlich durch Vernetzung und Auswertung von Millionen Daten besser bei der Diagnose als jeder Arzt, so der Minister.

Johannes Rauch unterstützt das Vorhaben der EU (Bild: APA/GEORG HOCHMUTH)
Johannes Rauch unterstützt das Vorhaben der EU

Nicht zuletzt geht es bei einer derartigen Menge an Daten auch ums Geld.  „Wir stehen in globaler Konkurrenz, aber nicht mit Ungarn oder Deutschland, sondern mit USA und China“, sagt Rauch. Das Projekt ist eine Folge von Corona. Die fehlende Datenverknüpfung innerhalb der EU hat die Bekämpfung der Pandemie deutlich erschwert. Der Minister betont, dass wie bei ELGA jeder Bürger aus dem Daten-System aussteigen kann und Datensicherheit sowie Anonymität gewährleistet blieben. 

Baltikum und Skandinavien gehen lockerer mit Daten um
Ursprünglich sei kein Ausstieg vorgesehen gewesen, aber Österreich habe stark darauf gepocht, sagt Rauch. In Skandinavien und dem Baltikum hätte man dagegen andere Traditionen und einen viel lockereren Umgang mit Daten, erklärt man im Ministerium. Datenschützer sind alarmiert. Thomas Lohning vom „Epicentrum.works“ erläutert gegenüber der „Krone“ diese Bedenken: Man hat erstens Sorge, dass die Ausstiegsoption gestrichen wird, und lehnt zweitens die geplante großzügige Sekundärnutzung der Daten ab.

Dabei geht es um die Nutzung der Daten für Forschungszwecke und ähnliches. Die Nutzung von sensiblen Gesundheitsdaten darf nicht, wie es vorgesehen ist, zum Standard werden“, so der Datenschützer. „Gesundheitsdaten gehören zu den sensibelsten persönlichen Daten jedes Menschen. Deshalb ist es essenziell, dass sie besonders hohen Schutz genießen und man selbst entscheiden kann, ob, wie und von wem die eigenen Daten verarbeitet werden.“

SymbolbildMilliarden von Daten sollen gesammelt werden. (Bild: stock.adobe.com)
SymbolbildMilliarden von Daten sollen gesammelt werden.

Umbruch im digitalen Wandel
Das Projekt trägt den Namen „Europäischer Raum für Gesundheitsdaten“ (European Health Data Space – EHDS) und ist einer der Eckpfeiler der sogenannten europäischen Gesundheitsunion. Die Kommission preist den EHDS als „Quantensprung“ für die Gesundheitsversorgung der Menschen in ganz Europa an. Er soll die Gesundheitsversorgung verbessern, einen Binnenmarkt für digitale Gesundheitsdienste und -produkte schaffen und die Nutzung von Gesundheitsdaten für Forschung ermöglichen. EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides spricht von einem „Umbruch im digitalen Wandel der Gesundheitsversorgung in der EU“.

Gespeichert werden Patientenakten, elektronische Verschreibungen, Bilddaten und Bildberichte, Laborergebnisse und Entlassungsberichte. In jedem Land wird dafür eine digitale Gesundheitsbehörde neu geschaffen oder damit beauftragt. Diese Behörden sind dann an der grenzüberschreitenden digitalen Infrastruktur (MyHealth@EU) beteiligt, über die der grenzüberschreitende Austausch der Daten abläuft.

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