Die Masernwelle in Österreich findet keinen Abklang. Im Gegenteil: Binnen einer Woche ist die Zahl der Fälle um fast 50 auf mittlerweile 267 Erkrankungen angestiegen. Virologen sprechen bereits von einem „Spitzen-Masernjahr“ – und raten zur (kostenlosen) Impfung.
Die Komplikationsrate beträgt 20 Prozent. 15.500 Kinder unter einem Jahr hatten im Jahr 2022 überhaupt keine Masernimpfung erhalten. „Der Zeitpunkt für die Impfung wäre jetzt. Bevor uns das um die Ohren fliegt“, warnte der Wiener Virologe Lukas Weseslindtner.
Mittwoch vergangener Woche hatte der Experte bei der Apotheker-Fortbildungstagung in Schladming mit Stichtag 5. März noch von 219 labormäßig bestätigten Masernfällen berichtet. Bis einschließlich Dienstag dieser Woche (12. März) waren es bereits 267 Erkrankungen, ein Anstieg um 48 Fälle.
Grafik: Masernfälle im Jahr 2023
„Spitzen-Masernjahr“
„Wir sind in einem Spitzen-Masernjahr“, sagte der Virologe. Die Tendenz sieht im längerfristigen Vergleich dramatisch aus. In den Jahren 2021 und 2022 wurden in Österreich jeweils nur 0,1 Masernfälle pro einer Million Einwohner registriert. Sie waren damit de facto eliminiert.
Im Jahr 2023 stieg die Häufigkeit der hoch ansteckenden Viruserkrankung in Österreich auf 20,4 Fälle pro Million Einwohner (insgesamt 186 Fälle innerhalb eines Jahres). Mit Stand von Dienstag dieser Woche lag Österreich bereits bei einer Häufigkeit von 23,8 Erkrankungen pro Million Menschen.
15.500 Kinder völlig ungeimpft
Die Situation bei den österreichischen Kindern ist bedenklich. „Unter den Einjährigen sind 18 Prozent, also 15.500 Kinder, völlig ungeimpft. Idealerweise sollte bereits in dieser Altersgruppe eine Durchimpfungsrate von 95 Prozent bei der zweiten Teilimpfung erreicht sein“, heißt es dazu im Kurzbericht Masern für das Jahr 2022 des österreichischen Gesundheitsministeriums (aktuellste vorhandene Zahlen). 32.000 Kinder im ersten Lebensjahr hätten statt den zwei empfohlenen Masernimpfungen nur eine gehabt.
Im Kindes- und Jugendalter erkrankt einer von 1000 bis 2000 Betroffenen an einer Masernenzephalitis (Häufigkeit von bleibenden Schäden: 30 Prozent). Bei einer Infektion im Alter unter einem Jahr liegt die Häufigkeit einer Jahre später auftretenden sogenannten subakuten sklerosierenden Panenzephalitis, die immer tödlich endet, bei eins zu 600.
„Eine der ansteckendsten Krankheiten des Menschen überhaupt“
Das deutsche Robert-Koch-Institut (RKI) bezeichnet die Masern als „eine der ansteckendsten Krankheiten des Menschen überhaupt“. Masern-Viren „werden durch das Einatmen infektiöser Tröpfchen (Sprechen, Husten, Niesen) oder über Tröpfchen sowie durch Kontakt mit infektiösen Sekreten aus Nase oder Rachen übertragen.“ Das Masern-Virus führt bereits „bei kurzer Exposition zu einer Infektion und löst bei fast allen ungeschützten Infizierten eine klinische Symptomatik aus.“ Wirksamster Schutz dagegen ist laut RKI eine Impfung. Die Aussage, wonach in vier Jahren durchschnittlich ein Kind an Masern stirbt und drei Kinder an der Impfung, entbehrt jeder Grundlage.
Schutz nur mit zweiter Impfung
Die Impfung wird für alle Babys ab neun Monaten dringend empfohlen. Nur mit einer zweiten Impfung gibt es einen Schutz von mehr als 95 Prozent (98 bis 99 Prozent). Jeder Mensch sollte geschützt sein. Deshalb wird in ganz Österreich die Masernimpfung (MMR) derzeit kostenlos für alle Personen ohne Altersbeschränkung angeboten. Das Immunsystem ist nach einer Maserninfektion oft noch für Monate oder jahrelang geschwächt. Auch durch Hygienemaßnahmen allein sind Masern nicht einzudämmen, wie es manchmal heißt.
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