Seit Jahrhunderten

Ein Briefkasten, den nie ein Postbote leert

Vorarlberg
16.03.2024 20:01

Einst diente auf der Galapagosinsel Floreana den britischen Walfängern ein altes Whiskyfass als Postkasten. Reisende nahmen die Briefe mit nach Europa. Heute werfen Touristen ihre unfrankierten Postkarten ein – und nehmen jene mit, deren Adressen nahe an ihrem Heimatort liegen.

Etwas verwundert blickte der Schweizer Rolf Odermatt aus dem Fenster seines Hauses. Ein Pkw mit Bregenzer Kennzeichen, aus dem ihm zwei völlig unbekannte Frauen entstiegen, stand eines Freitagsnachmittags plötzlich auf seinem Grundstück nahe der beschaulichen Stadt St. Gallen. „Kann ich ihnen helfen?“, fragte er freundlich. „Wir sind die equadorianische Aushilfspost und würden gerne eine Postkarte zustellen“, antworteten die beiden Vorarlbergerinnen.

Rolf und Vreni Odermatt freuten sich über die Postkarte, die die Vorarlbergerin Lisa Gunz zustellte. (Bild: sos)
Rolf und Vreni Odermatt freuten sich über die Postkarte, die die Vorarlbergerin Lisa Gunz zustellte.

Die Postkarte hatten sie bei ihrer Ecuador-Rundreise von der Galapagosinsel Floreana mitgenommen. Sie lag in jenem Briefkasten, den nie ein Postbote leert. Einem Holzfass, das seit Ende des 18. Jahrhunderts dazu dient, dass entsprechende Grüße dennoch ihre Empfänger erreichen – und zwar weltweit. Damals wurde ein altes Whiskyfass von britischen Walfängern genutzt, die auf Floreana stationiert waren. Reisende auf dem Weg nach Europa nahmen deren Briefe an die Liebsten mit.

Während das alte Whiskyfass nicht mehr existiert und auch die „Post Office Bay“ nur mit Sondergenehmigung besucht werden kann, hat sich das System bis heute bewährt. Ein Replikat des Holzfasses steht nur wenige Meter vom Hafen entfernt. Bei Touristen steht es hoch im Kurs.

In Inneren der Holzfasses liegen hunderte von Postkarten, die meisten sollen in die USA gebracht werden. (Bild: sos)
In Inneren der Holzfasses liegen hunderte von Postkarten, die meisten sollen in die USA gebracht werden.

Die beiden Vorarlbergerinnen haben ihre Post nach München (die Karte ist inzwischen angekommen), ins oberösterreichische Wernstein und ins Ländle mitgenommen. „Als wir nachgeschaut haben, welche Karten wir zustellen könnten, waren unzählige aus den USA dabei, aber keine einzige mit einer österreichischen Adresse“, erzählt die Dornbirnerin Lisa Gunz.

Erfolgreiche Zustellung
Mitgenommen haben die beiden zwei Karten, eine davon müssen sie noch in Deutschland zustellen – und eben jene für die Odermatts. Der Ausflug in den rund 35 Kilometer entfernten Ort Abtwil (bei St. Gallen) endet damit, dass die zwei völlig fremden Menschen im Heim der Schweizer sitzen. Die Absenderin der weitgereisten Karte, Tochter Linda, wird angerufen, die erfolgreiche Zustellung verkündet.

Die junge Schweizerin erzählt kurz von ihrem jüngsten, kurzen Besuch auf den Galapagosinseln Ende Jänner. Die Vorarlbergerinnen von ihrem im Februar. Auch Rolf und Vreni Odermatt waren schon in Ecuador. „Wir haben unsere Tochter besucht, die vor drei Jahren auf dem Festland und später auf den Galapagosinseln gearbeitet hat“, erzählen sie.

Linda Odermatt hatte die Postkarte im Jänner auf Floreana eingeworfen. (Bild: ZVG)
Linda Odermatt hatte die Postkarte im Jänner auf Floreana eingeworfen.
Vreni und Rolf Odermatt waren selbst schon auf den Galapagosinseln. (Bild: sos)
Vreni und Rolf Odermatt waren selbst schon auf den Galapagosinseln.
Das System funktioniert teils schneller als die Post. Keine 14 Tage benötigte die Karte nach München. (Bild: sos)
Das System funktioniert teils schneller als die Post. Keine 14 Tage benötigte die Karte nach München.

Die Highlights der Galapagosinseln – vom Schwimmen mit Seelöwen und Pinguinen bis zum Schnorcheln bei den Riesenschildkröten – sind nach knapp einer Stunde abgehandelt. Die Odermatts erzählen vom jüngsten Skiurlaub im Bregenzerwald. „Mit dem Skirennläufer Marco sind wir aber leider nicht verwandt, auch wenn ich aus der gleichen Region komme“, berichtet Rolf Odermatt und lacht.

Die Vorarlbergerinnen wollen noch Schweizer Schoki-Osterhasen kaufen. „Herzlichen Dank für euren spontanen Besuch. Cool, dass ihr euch extra dafür Zeit genommen habt“, sagt Vreni Odermatt. Und so endet der Besuch der ecuadorianischen Aushilfspost mit einem zufriedenen Lächeln der Reisenden, die immer auf der Suche nach neuen Erfahrungen und Bekanntschaften sind.

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare
Eingeloggt als 
Nicht der richtige User? Logout

Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

Vorarlberg Wetter
-2° / 2°
Symbol stark bewölkt
-2° / 4°
Symbol stark bewölkt
0° / 4°
Symbol stark bewölkt
-1° / 4°
Symbol stark bewölkt



Kostenlose Spiele
Vorteilswelt