Hamas-Plan abgelehnt
Netanyahu billigte Militäroffensive in Rafah
Israels Premier Benjamin Netanyahu hat Militärplänen für eine Offensive in Rafah zugestimmt. Die Armee bereite eine Evakuierung der Grenzstadt zu Ägypten vor, erklärte sein Büro am Freitag. Zuvor hatte Netanyahu einen von der Hamas vorgeschlagenen Plan für eine an den Austausch von Geiseln und Häftlingen gekoppelte Waffenruhe zurückgewiesen.
Israel werde jedoch eine Delegation in das vermittelnde Golfemirat Katar entsenden, um die eigene Position für eine mögliche Einigung vorzutragen, hieß es zugleich. Viele internationale Spitzenpolitiker lehnen einen Einsatz in Rafah aus Sorge um das Wohl der Zivilbevölkerung strikt ab.
Hamas wollte vollständigen Truppenabzug
Laut dem von Reuters am Freitag eingesehenen Konzept, das den internationalen Vermittlern überreicht wurde, hätte am Ende der Vereinbarungen der vollständige Rückzug der israelischen Truppen aus dem Gazastreifen stehen sollen. Netanyahu wies die Forderungen als unrealistisch zurück. Sein erklärtes Ziel ist die Zerstörung der Terrororganisation Hamas.
Der Hamas-Plan sah vor, in einem ersten Schritt Frauen, Kinder, ältere und erkrankte Menschen sowie Soldatinnen in ihrer Gewalt freizulassen. Im Gegenzug hätte Israel 700 bis 1000 Palästinenser aus der Haft entlassen sollen. Darunter sollten rund 100 Personen sein, die zu lebenslanger Haft verurteilt wurden. Die Hamas wollte einer Feuerpause erst dann zustimmen, wenn man sich auf diesen ersten Schritt geeinigt habe.
In einem zweiten Schritt hätte dann ein Datum festgelegt werden sollen, bis zu dem sich alle israelischen Soldaten aus dem Gazastreifen zurückziehen müssen. Erst danach wollte Hamas alle übrigen Geiseln freilassen.
Seit Wochen wird indirekt über Waffenruhe verhandelt
Auch mit dem neuen Vorstoß in den seit Wochen andauernden Verhandlungen, bei denen Israel und Hamas nicht direkt, sondern über Vermittler sprechen, waren unüberbrückbare Gegensätze bestehen geblieben. Israels Regierung will den im Oktober mit dem Hamas-Überfall begonnenen Krieg erst beenden, wenn die islamistische Gruppierung vollständig vernichtet ist. Die Hamas besteht dagegen darauf, dass ein Abkommen den Krieg beenden muss. Wegen dieser Gegensätze war bereits im Februar ein ähnlicher Plan gescheitert.
Der Druck auf beide Seiten war gewachsen, weil eine humanitäre Katastrophe für die palästinensische Bevölkerung in dem bereits großflächig zerstörten Gazastreifen droht. Eine israelische Militäroperationen nun auch in Rafah im Süden nach Operationen im Norden und im Zentrum des Palästinensergebiets erhöht solche Sorgen. Die Vereinten Nationen warnen, mindestens 576.000 Menschen stünden vor einer Hungersnot. Jeden Tag sterben nach palästinensischen Angaben Zivilisten in oft dreistelliger Größenordnung.
Bisher einzige Feuerpause ist Monate her
Auch die Verluste der israelischen Armee waren gestiegen, wenn auch in einem viel geringerem Maße. Nach palästinensischen Angaben sind bisher über 31.000 Menschen im Gazastreifen getötet worden. Bei dem Hamas-Überfall am 7. Oktober 2023, der den Krieg nach sich zog, wurden nach israelischen Angaben 1200 Menschen getötet und 253 Geiseln verschleppt. Ein Teil der Geiseln war während einer kurzen, bisher einzigen Feuerpause Ende November im Austausch gegen palästinensische Gefängnisinsassen freigelassen worden.
Netanyahu: Katar erhöht Druck auf Hamas
Ministerpräsident Netanyahu meinte zum Plan der Hamas, diese halte an „unrealistischen Forderungen“ fest. Der Druck, den Katar als Vermittler zwischen Israel und der palästinensischen Seite auf die Hamas ausübe, beginne zu wirken, meinte Netanyahu nach Angaben seines Büros. Demnach soll das Golfemirat damit gedroht haben, Mitglieder der Hamas aus Katar auszuweisen und ihnen kein Geld mehr zu geben, sollten sie bei den Verhandlungen nicht einlenken.
Der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi bekräftigte vor Netanyahus Ankündigung, dass er sich weiter für eine Feuerpause in dem an sein Land angrenzenden Gazastreifen einsetzen wolle. Zudem strebt er eine Aufstockung der Hilfslieferungen an. Der Präsident möchte, dass die von den Kämpfen aus ihren Häusern vertriebenen Palästinenser aus dem Süden der Region in den Norden zurückkehren können. Sisi warnte vor der Gefahr eines israelischen Angriffs auf Rafah, wie Netanyahu ihn plant. Die Stadt im Süden des Gazastreifens liegt direkt an der Grenze zu Ägypten. Dorthin haben sich Hunderttausende Palästinenser geflüchtet. Israel vermutet auch dort eine Hochburg der Hamas-Kämpfer.
Armeesprecher: Zivilisten werden in Sicherheit gebracht
Ein israelischer Armeesprecher bekräftigte am Freitag, im Fall eines Militäreinsatzes in Rafah müsse die Bevölkerung von dort in Sicherheit gebracht werden. Zivilisten würden in sicherere Orte, wie etwa das Al-Mawasi-Lager, gebracht werden. Man vermute in der Stadt an der Grenze zu Ägypten nicht nur die Führung der Hamas, sondern dort befänden sich auch die verbliebenen Bataillone der islamistischen Terrororganisation, sagte Sprecher Arye Shalicar. Aus Israels Sicht ist ein Sieg über die Hamas ohne Einsatz in Rafah daher nicht möglich. Hilfsorganisationen warnen vor vielen weiteren zivilen Todesopfern.
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