Oligarch Firtasch:
„Die Ukraine wird alles zurückzahlen müssen“
Seit nunmehr einem Jahrzehnt lebt der ukrainische Oligarch Dmytro Firtasch – ziemlich unscheinbar – in seinem Wiener Exil.
Die breite Öffentlichkeit ist eigentlich nicht so seine Sache. Der „Krone“ gewährte der 58-Jährige eines seiner seltenen Interviews – das erste seit Putins Angriffskrieg auf sein Heimatland. „Zu Hause“ ist Firtasch – notgedrungen – aber seit nunmehr zehn Jahren in Wien.
Die USA wollen ihn vor Gericht stellen (siehe Info-Box unten), mit unserer Justiz läuft ein Tauziehen. Seit seiner kurzzeitigen Verhaftung 2014 lenkt Firtasch sein Imperium aus einem Innenstadt-Palais.
„Krone“: Herr Firtasch, vor zehn Jahren wurden Sie in Wien auf offener Straße verhaftet. Keine guten Erinnerungen nehme ich an?
Dmytro Firtasch: Diesen Tag werde ich nie vergessen. Ich war schockiert, wusste nicht, was los war. Erst später habe ich realisiert, dass die US-Regierung meine Auslieferung forderte.
Sehen Sie Österreich als Ihr Gefängnis an?
100-prozentig nicht. Ich bin dankbar, dass mich Österreich aufgenommen hat, auch durch die Öffentlichkeit. Und dankbar für die faire Justiz in diesem Land.
In der Zwischenzeit ist ein Krieg ausgebrochen. Stehen Sie mit der ukrainischen Führung in Kontakt?
Ja, in sozialen und wirtschaftlichen Angelegenheiten. Unser Hauptgeschäft befindet sich nach wie vor in der Ukraine. Wir helfen, so gut wir können – vor allem mit Geld.
Der Fall Firtasch kam 2014 ins Rollen
- Fast auf den Tag genau vor zehn Jahren, am 12. März 2014, wurde der milliardenschwere Unternehmer auf Basis eines US-Haftbefehls in Wien festgenommen und später gegen eine Rekordkaution von 125 Millionen Euro auf freien Fuß gesetzt.
- Die USA erhoben Schmiergeldvorwürfe und forderten die Auslieferung des Ukrainers. Dieser bestritt die Vorwürfe vehement – seine Verhaftung sei rein politisch motiviert. Firtasch bekämpft seitdem das Auslieferungsbegehren der USA juristisch.
- Im Juni 2023 entschied das Oberlandesgericht Wien, die Wiederaufnahme des Verfahrens zu bewilligen – dies bedeutet nichts anderes als zurück an den Start.
Apropos Geld: Die Hilfe des Westens ist zuletzt etwas ins Stocken geraten.
Nichts auf der Welt ist gratis. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass – wenn der Krieg vorbei ist – die Ukraine alles zurückzahlen muss. Waffen, Geld und andere Zuwendungen.
Schätzungen zufolge sind sieben Millionen Ukrainer während des Krieges in den Westen geflüchtet. Glauben Sie, dass sie je zurückkehren werden?
Die Regierung in Kiew muss ihnen ein Angebot machen, Perspektiven geben. Je länger der Krieg dauert, desto schwieriger wird es.
Vielleicht mit einem EU-Beitritt?
Politisch hat sich die Ukraine Richtung Europa entwickelt. Die Menschen in der Ukraine glauben aber, mit einem EU-Beitritt wären alle Probleme gelöst. Man muss den Menschen erklären, was das bedeutet. Es gibt nichts geschenkt, man muss hart arbeiten, um Teil davon zu sein. Nach zehn Jahren in Wien kann ich sagen, dass jeder Österreicher hart arbeitet, um gut über die Runden zu kommen. Es gibt keine Wunder – du musst hart arbeiten und schauen, wie du deine Rechnungen bezahlst.
Sollten die Anschuldigungen gegen Sie fallen gelassen werden – wo sehen Sie Ihre Zukunft? In Wien, in der Ukraine – oder sonst wo?
Hätten Sie vor fünf Jahren gefragt, hätte ich Kiew gesagt. Inzwischen ist mir auch Wien ans Herz gewachsen. Wir haben viele Firmen hierher verlegt, ich bin nicht mehr auf Geschäftsreise. Früher habe ich mich gewundert, wie man schon um 18 Uhr Abendessen gehen kann. Aber mittlerweile erkenne ich auch die Vorzüge – man kommt viel früher ins Bett und kann früher aufstehen.
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