In einer Welt, in der Künstliche Intelligenz (KI) zunehmend unseren Alltag durchdringt, stellt sich die Frage, welchen Einfluss diese Technologie auf die Sprache und das Schreiben hat. Christoph Drösser, ein renommierter deutscher Autor, erklärt seine Ansichten und Bedenken über den wachsenden Einsatz von ChatGPT und ähnlichen KI-Systemen in seinem neuen Buch „Was macht KI mit unserer Sprache?“. Im „Krone“-Interview, verrät er zudem, worauf Bildungssysteme künftig achten sollten.
„Krone“: Wie oft und wofür nutzen Sie ChatGPT als Autor?
Christoph Drösser: Bisher nutze ich ChatGPT für meine tägliche Arbeit nur selten und nicht für Schreibaufgaben, da der Stil noch nicht den journalistischen Anforderungen genügt. Manchmal verwende ich es für Recherchen zu Themen, über die ich wenig weiß, um einen Überblick zu bekommen. Mittlerweile bekommt man da ja auch Links ausgespuckt. Aber in der Regel nutze ich klassische Suchmaschinen und arbeite mich selbst ein. Für das Zusammenfassen von Texten und wissenschaftlichen Artikeln, mit denen ich nicht vertraut bin, finde ich ChatGPT sehr nützlich. Allerdings darf man sich nicht zu 100 Prozent darauf verlassen. Für die Umwandlung von akademischen Texten in eine für Laien verständliche Sprache ist es dennoch ziemlich gut.euro
Kommen wir auf den Titel Ihres aktuellen Buches zu sprechen: Was macht KI mit unserer Sprache?
Das ist eine gute Frage. Es erscheint absurd, ein Buch darüber zu schreiben, da sich die Technologie sehr schnell entwickelt. Ich möchte niemanden vom Kauf meiner Lektüre abraten, aber es hat sich bereits viel verändert. Eine Gefahr ist die Standardisierung zu einer blutarmen Standardsprache. Mir als Journalist fehlt dieser Sprache der Pfiff. Alles wird auf ein einheitliches Erregungsniveau gebracht. Das System selbst gibt zu, dass es Jugendsprache und Sprache bestimmter Gruppen kann, aber tendenziell wird alles über einen Kamm geschoren. Eine weitere Entwicklung: Wenn es immer mehr Texte von diesen Maschinen im Netz gibt, lernt ChatGPT nur noch solche Texte.
Wie sollten Gesellschaft und Bildungssystem auf KI reagieren?
Lehrer und Hochschullehrer haben bereits reagiert. Einige sagen, wir können keine Aufsätze mehr schreiben. Die geforderten Textformen sind teilweise standardisiert. Denken wir an eine Erörterung, wo man Pro- und Contra-Argumente zu einem Thema ausführen muss. So etwas kann das System sehr gut. Man muss im Bildungssystem viel Kreativität einbringen, um mit KI-Programmen sinnvoll zu arbeiten. Ein Verbot von ChatGPT wird nichts bringen, da Schüler und Studierende es sowieso verwenden werden. Aber die Schreibarbeit komplett darauf auszulagern, wäre fatal.
Können KI-Systeme auch positiv zur Entwicklung von Sprache beitragen?
Ja, Übersetzungen sind mittlerweile so gut, dass sie in einer vollkommen natürlichen Sprache mit einem kommunizieren. Dies bringt die Welt näher zusammen und ist eine tolle Sache. Aber es birgt auch die Gefahr, dass Sprachen, die von wenigen Menschen gesprochen werden, von KI-Systemen ignoriert werden, weil es kaum Material gibt.
Welche Fähigkeiten und Fertigkeiten wird KI uns nie abnehmen können?
Nie würde ich in Zusammenhang mit KI nicht verwenden. Es ist schwierig zu sagen, wohin die Reise geht. ChatGPT wurde erst vor 1,5 Jahren veröffentlicht. Wir befinden uns noch in einer frühen Phase dieser Technologie. Seither hat sich da viel verändert und verbessert. Wichtig ist, dass man das Sortieren und das Ausdrücken seiner eigenen Gedanken nicht auslagern kann. Sicher kann ich ein Quiz für die Geburtstagsparty meines Sohnes von ChatGPT erstellen lassen. Aber solche Sachen macht man ja, weil man sein Kind liebt und auch zeigen will, wie viel Gehirnschmalz man hat. Ich sehe eher die Gefahr der geistigen Faulheit durch KI-Systeme.
Unterschiede zwischen USA und Europa in Bezug auf KI?
Die USA sind eine sehr gespaltene Nation, insbesondere was technologische Entwicklungen angeht. An der Küste, wo die Menschen gebildeter sind, gibt es eine größere Begeisterung für das Ausprobieren neuer Dinge. In Europa gibt es auch zahlreiche Start-Ups, die innovativ sind. Der Unterschied der beiden Kontinente, Länder ist nicht immer so groß, wie er dargestellt wird.
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