Georg Blatnig ist der Entwickler des neuen Swarovski AX Visio, dem ersten Fernglas mit integrierter Tier- und Vogelerkennung. Der „Bergkrone“ erzählt Blatnig, wie die Technik dahinter funktioniert und für wen das neue Highend-Fernglas geeeignet ist.
Beim Thema Fernglas macht den Tirolern weltweit niemand etwas vor. Seit Generationen sind die kultigen Feldstecher aus Absam begehrt und bekannt für optische Höchstleistungen. Swarovskis Ferngläser mit dem kultigen Habicht-Logo werden oftmals sogar weitervererbt. Das 1949 von Wilhelm Swarovski gegründete Unternehmen betritt mit dem edlen Swarovski AX Visio völliges Neuland, bei dem die Tiroler in einem klassischen Swarovski EL10x32 Fernglas quasi ein Smartphone integrierten.
„Wir wollten unsere optischen Fähigkeiten mit digitalen Funktionen ergänzen“, so Entwickler Georg Blatnig im Gespräch mit der „Bergkrone“. Klingt schon mal richtig cool, und auch das Medien- und Kundenfeedback war laut Blatnig „mega“, als das Produkt im Jänner auf der CES in Las Vegas präsentiert wurde, der weltweit größten Fachmesse für Unterhaltungselektronik.
Denn das smarte „Swaro“ soll 9000 (!) Vögel- und Säugetierarten per Knopfdruck erkennen. Und gleich vorweg: Der Gimpel, der aktuell sein Nestchen vor dem Bürofenster in der „Krone“-Redaktion baut, wird prompt als „Bullfinch“ erkannt. 4600 Euro kostet das KI-unterstützte Edelfernglas.
Fünf Jahre Entwicklungsarbeit stecken im AX Visio. Auf dem Fernglas sitzt mittig eine Kameralinse. „Verbaut ist eine 13-Megapixel-Kamera, mit 270 Millimeter Brennweite“, erklärt Blatnig. Die Kamera ist nicht nur notwendig, um das, was man beobachtet, auch fotografieren oder filmen zu können, sondern in erster Linie für die Bilderkennung. Blatnig: „Die Kamera liefert gute Bilder für Doku-Zwecke und zum Teilen.“
Bei der Bilderkennung arbeiten die Tiroler mit der US-amerikanischen Cornell Universität zusammen, die bekannt für Vogelkunde-Labor ist, und welche die „Merlin Bird ID“-App entwickelt haben, die wiederrum auf eBird basiert, der weltweit größten Datenbank für Vogelsichtungen.
Blatnig: „Will man einen Vogel identifizieren, prüft ein Detektions-Algorithmus, ob der Vogel groß genug ist und genug Details erkennbar sind, um diese mit der integrierten Datenbank abzugleichen.“ Bei jeder Identifikation macht das Fernglas somit ein Foto und speichert dieses samt weiterer Informationen, wie Vogelname, GPS-Koordinaten, Uhrzeit, Datum und weiteren Informationen, im 28 Gigabyte großen internen Speicher. Die aufgenommenen Fotos und Videos können per Bluetooth auf das Smartphone übertragen werden. Dafür muss man zuerst die Begleit-App „Swarovski Optik Outdoor“ auf seinem Smartphone installieren.
Swarovski verspricht für das AX Visio regelmäßige Updates, welche die Vogel- und Tiererkennung ganz Swarovskis Leitsatz „Das Gute ständig verbessern“, immer zuverlässiger machen soll. Denn genau da liegt das Problem. Ein paar Ästchen zwischen den Nebelkrähen und Beobachter reichen schon, dass das AX Visio ins Staucheln kommt, Vögel falsch identifiziert oder gar nicht „Bird not recognized“ erkannt werden. Der Haussperling (house sparrow), vulgo Spatz, im Strauch wird so plötzlich zur Heckenbraunelle (dunnock). Wenn die Tiere zu weit weg sind, dann klappt die Erkennung auch nicht. Je näher, umso besser. 20 bis 30 Meter nah sollte man Singvögeln schon sein, um ein passendes Ergebnis zu erhalten.
„Was die Erkennung betrifft, können wir eine hundertprozentige Sicherheit leider nicht geben, jedoch entwickeln wir das System ständig weiter und trainieren die Datenbank“, so der Entwickler, der selbst regelmäßig zum „Birden“ draußen in der Natur unterwegs ist.
Neben der Vogel- und Säugetiererkennung, die man mittels Funktionsrad auswählt, gibt es auch noch die Funktionen Kamera, Kompass und Neigungsmesser, Live-View, um das Kamera-Bild mit bis zu fünf Personen per Livestream über App zu teilen, sowie Markierung. Damit kann man eine Beobachtung markieren, und dann das Fernglas an eine Person übergeben, welche dann mittels Pfeilen zur markierten Beobachtung führt.
Was jedoch richtig nervt ist, dass das smarte Fernglas fast eine halbe Minute zum Hochfahren braucht, um also einsatzbereit zu sein. Blatnig erklärt die lange Startzeit damit, dass im Fernglas auch ein GPS-Modul verbaut ist, denn in Europa und Nordamerika gibt es viele Vögel, die sich sehr ähnlich sind, aber halt auf anderen Kontinenten leben. „Wenn ich Vögel beobachten gehe, dann schalte ich das Gerät bereits im Auto ein, damit ist es sofort einsatzbereit, wenn ich dann loslege.“ Bei maximaler Nutzung, also mit Smartphone verbunden und Livestreaming, hält der Akku zwischen vier und fünf Stunden, bei Normalnutzung sollen es bis zu 15 Stunden sein.
Und sollte dem smarten Fernglas dann doch einmal die Energie ausgehen, dann kann man das Swarovski AX Visio zumindest als normales Fernglas ganz normal weiternutzen. „Die optische Qualität entspricht unserem EL 10x32 Fernglas“, so Blatnig. Und jeder, der ein Swarovski Fernglas besitzt, der weiß das zu schätzen – egal ob mit oder ohne KI-Vogel- und Tiererkennung.
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