Russlands Wahl-Farce
Nawalny-Team: „Zahlen für Putin frei erfunden“
Nach der Veröffentlichung von Teilergebnissen der Präsidentschaftswahl in Russland, wonach Kreml-Chef Wladimir Putin knapp 88 Prozent der Stimmen erhalten hat, mehrt sich die Kritik an dem Urnengang – unter anderem auch aus dem Team des verstorbenen Oppositionspolitikers Alexej Nawalny. Die „erfundenen Zahlen haben eindeutig nichts mit der Wirklichkeit zu tun“, erklärte der Nawalny-Vertraute Leonid Wolkow am Sonntag im Onlinedienst Telegram. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach der Wahl „jede Legitimität“ ab.
„Diese Wahlfälschung hat keine Legitimität und kann keine haben“, sagte Selenskyj am Sonntag in seiner allabendlichen Videoansprache. „Diese Figur (Putin) muss auf der Anklagebank in Den Haag landen – dafür müssen wir sorgen, jeder auf der Welt, der das Leben und den Anstand schätzt.“
„Eine weitere Wahl vorgetäuscht“
Putin habe dieser Tage eine weitere Wahl vorgetäuscht. „Jedem in der Welt ist klar, dass diese Figur, wie schon so oft in der Geschichte, einfach nur machtbesessen ist und alles tut, um lebenslang zu regieren“, sagte Selenskyj. „Es gibt kein Übel, das er nicht begehen würde, um seine persönliche Macht zu verlängern.“
Mit Blick auf die russische Invasion seiner Heimat und den nunmehr über zwei Jahre dauernden Krieg forderte Selenskyj Gerechtigkeit. „Es muss eine gerechte Vergeltung für alles geben, was russische Mörder in diesem Krieg und im Interesse von Putins lebenslanger Macht getan haben“, sagte er. „Er hat nur vor einer Sache Angst – vor der Gerechtigkeit.“ Zu den Forderungen der Ukraine für ein Friedensabkommen mit Moskau gehört unter anderem, dass sich die Verantwortlichen in Politik und Militär Russlands vor einem internationalen Gericht verantworten sollen.
„Nicht legal, frei und fair“
Polen kritisierte die Abstimmung als „nicht legal“ kritisiert. „Russlands Präsidentschaftswahl ist nicht legal, frei und fair“, erklärte das Außenministerium in Warschau am Abend. Die Wahl sei „unter scharfen Repressionen“ und in besetzten Teilen der Ukraine unter Missachtung internationalen Rechts abgehalten worden.
Keine Glückwünsche aus dem Westen
Der deutsche Präsident Frank-Walter Steinmeier will nach Angaben seiner Sprecherin keine Glückwünsche an den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu dessen Wiederwahl übermitteln. „Es wird kein Schreiben an Putin geben“, sagte Sprecherin Cerstin Gammelin dem „Tagesspiegel“ am Sonntagabend. In einer zuvor von ihr auf der Plattform X (ehemals Twitter) verbreiteten Erklärung Steinmeiers hieß es: „Heute denke ich an die Menschen in Russland, die dort für Freiheit und Demokratie kämpfen und in ständiger Gefahr vor Putins Regime leben. Wir vergessen diese Mutigen nicht.“
Österreichs Außenministerium hatte schon am Freitag, zu Beginn der Wahl, Kritik geäußert. Der Urnengang habe inmitten von Repression, Einschüchterung und Verfolgung begonnen, hieß es auf X. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass es keine unabhängigen Wahlbeobachter der OSZE gebe. „Das russische Volk verdient eine echte Wahl und die Sicherheit und Freiheit, sie auszuüben“, hieß es auf X. Verurteilt wurde außerdem „die Scheinwahlen“ in den besetzten Regionen. „Diese ,Wahlen‘ sind illegal, ihre Ergebnisse entbehren jeglicher Legitimität!“
Putins Sieg bei der dreitägigen Wahl galt von vornherein als ausgemacht. Gegen ihn traten drei unbedeutende Kandidaten an. Alle bekannteren Kritiker des Kreml-Chefs sind entweder tot, inhaftiert oder im Exil.
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