Die deutsch-österreichische Sozialaktivistin Marlene Engelhorn ist wegen der Verteilung ihres Millionenerbes in aller Munde. Dass sie allerdings nicht gerne über private Dinge sowie ihre Vergangenheit spricht, bewies sie unlängst in einem Zeitungsinterview. Dort missfiel ihr zwischendurch die Fragestellung derart, dass sie sogar drohte, das Interview abzubrechen.
Die „Spiegel“-Redakteure Florian Diekmann und Alexander Kühn fragten sie etwa, wie die heute 31-Jährige aufgewachsen sei. „Es ist irrelevant. Meine unsympathische Antwort lautet: Das geht Sie nichts an.“ Das Fass zum Überlaufen brachte schließlich die Frage, ob ihr jemals ein Wunsch verwehrt wurde. Engelhorn: „Selbstverständlich. Aber auch das ist irrelevant. Wenn Sie nicht an der strukturellen Fragestellung mit mir arbeiten wollen, bewegen wir uns so weit vom Thema weg, dass mir das Interesse an diesem Interview verloren geht.“
Der Fokus auf ihre Person sei der Versuch, sich nicht mit dem eigentlichen Problem zu beschäftigen. „Die richtige Frage lautete nicht: Wie ist die Engelhorn aufgewachsen, und ist das erstrebenswert oder nicht oder weiß der Kuckuck. Fragen Sie lieber. was dem zugrunde liegt.“ Ihr gehe es darum, wie man als Gesellschaft Vermögen verteilt. „Wer hat die Macht, darüber zu entscheiden – und wer nicht? Oder würden Sie allen Ernstes behaupten, Armut sei selbst verschuldet?“
Wenn Sie nicht an der strukturellen Fragestellung mit mir arbeiten wollen, bewegen wir uns so weit vom Thema weg, dass mir das Interesse an diesem Interview verloren geht.
Millionenerbin Marlene Engelhorn im „Spiegel“-Interview
Engelhorn erfuhr vom Millionenerbe per E-Mail
Danach entspannte sich die hitzige Diskussion wieder und das Interview wurde weitergeführt. So verriet Engelhorn etwa, dass sie auf ungewöhnlichem Weg erfuhr, dass ihre Großmutter ihr 25 Millionen Euro vererben werde. „Es traf eine E-Mail bei mir ein, von den Finanzberatern der Familie“, sagte sie. Ihre Großmutter selbst habe es ihr nicht gesagt. Über Geld spreche man in diesen Kreisen nicht, „man hat es“, so Engelhorn. „Die Berater kümmern sich darum, dafür bezahlt man sie ja. Übrigens: Man erbt die Finanzberater der Familie gleich mit. Sich von denen zu lösen, ist nicht leicht.“
Engelhorn sagte weiters, sie habe bis zu der E-Mail 2019 nicht mit dem Erbe gerechnet: „Wenn Sie es gewohnt sind, auf Ihrem Konto höchstens einen sechsstelligen Betrag zu sehen, ist das schon ein Schock.“ Ihre Großmutter verstarb 2022.
Bürgerrat entscheidet über Millionenerbe
Engelhorn wurde in den vergangenen Jahren bekannt, weil sie ankündigte, die ererbten 25 Millionen Euro zu verschenken. Am vergangenen Wochenende nahm der sogenannte „Gute Rat“ seine Arbeit auf, ein von ihr initiiertes Gremium aus 50 Menschen, die Österreichs Gesellschaft abbilden sollen. Es soll festlegen, was mit dem ererbten Vermögen geschieht. Bis Juni soll in Salzburg an sechs Wochenenden ein Plan für die Vergabe des Geldes erarbeitet werden. „Auf das Ergebnis habe ich keinen Einfluss“, so Engelhorn.
Mitarbeiter im Gremium erhalten pro Wochenende 1200 Euro
Für das Gremium waren 10.000 Menschen in Österreich als mögliche Teilnehmer angeschrieben worden, von denen knapp 1500 ihr Interesse bekundet hatten. Die schließlich ausgewählten Personen sind nach Angaben des Foresight Instituts repräsentativ für die Menschen über 16 Jahre in Österreich. Sie erhalten pro Wochenende laut Engelhorn 1200 Euro. Für die Organisation, die Anfahrts- und Aufenthaltskosten sowie die etwaige Kinderbetreuung habe sie weitere drei Millionen Euro bereitgestellt.
Wie Engelhorn betonte, will sie sich irgendwann wieder aus den Medien zurückziehen: „Ich glaube, langfristig muss ich das. Die Aufmerksamkeit und Sprechmacht sorgen dafür, dass ich eine Diskurshoheit bekomme. Das ist nicht gescheit. Sonst bilde ich mir noch ein, dass ich zu allem was zu sagen hätte.“
Engelhorns Ururururgroßvater Friedrich Engelhorn hatte den Chemiekonzern BASF mitgegründet und ihn bereits im 19. Jahrhundert wieder verkauft. Mit dem erlösten Vermögen stieg er beim Pharmakonzern C.F. Boehringer und Söhne ein, später Boehringer Mannheim, der 1997 an den Schweizer Konzern Roche verkauft wurde.
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