Für den Kalender ist der Freitag vor dem Palmsonntag, heuer der 22. März, kein besonderer Tag, laut jahrhundertealter Tradition aber sehr wohl: Am Schmerzensfreitag soll man bereits vor Sonnenaufgang die Palmkätzchen schneiden und Palmbuschen binden – der Brauch ist reich an Varianten.
In der vorösterlichen Zeit zieren Palmkätzchen in Vasen unserer Wohnungen, teils mit Ostereiern geschmückt, teils zwischen Tulpen hervorlugend, und am Palmsonntag bringen viele einen Palmbuschen in die Kirche, um ihn segnen zu lassen.
Der Brauch erinnert an den Einzug Jesu in Jerusalem, als ihm die Menschen einen Teppich aus Palmzweigen legten. Im Johannes-Evangelium (12,13) heißt es: „Da nahmen sie Palmzweige, zogen hinaus, um ihn zu empfangen und riefen: Hosanna! Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn, der König Israels!“
Eine Palmprozession wurde schon im Jahr 400 vom Ölberg in die Stadt Jerusalem durchgeführt.
Die Palme gilt seit der Antike als Zeichen des Lebens, der Hoffnung und des Sieges. Palmzweige sind ein Attribut der christlichen Märtyrer.
In unseren Breiten nimmt man statt der Palmzweige Salweideästchen, die bereits „Kätzchen“ tragen, auch Buchsbaum, Wacholder oder auch Fichtenzweige werden zu vorösterlichen Palmbuschen gebunden.
Im Sonnenlicht schwindet sie Segenskraft
„Nach der Überlieferung sollen diese Pflanzen und auch Heilkräuter keinesfalls bei Sonnenlicht geerntet werden. Dann können sie die größte Kraft entfalten“, erzählt Roland Bäck, der Historiker und Leiter der Abteilung für Vermittlung im Kärnten Museum, der „Kärntner Krone“. Nach altem Brauch sollen die Palmkätzchen daher am Schmerzensfreitag vor Sonnenaufgang geschnitten werden. Doch die Salweiden werden schon Wochen zuvor geholt und gekühlt aufbewahrt, damit sie nicht gelb ausblühen.
Buschen oder Stangen?
In jedem Tal sehen die Palmbuschen etwas anders aus. Grob unterscheiden kann man Unterkärntner und Oberkärntner Palmbuschen: „In Unterkärnten werden die Weidenruten zu oft bis zu fünf Meter langen Buschen gebunden. In Oberkärnten hingegen sind die eigentlichen Buschen eher kurz, aber sie werden auf mehrere Meter lange Haselstangen gesteckt“, weiß Bäck.
In Unterkärnten werden um die Salweidenästchen aus Trauerweide Ringlein gebunden, damit der Buschen zusammenhält. Diese Ringlein werden in ungerader Zahl gemacht, also 3, 5 oder 7. Beim Lavanttaler Buschen wird ein aufwändiger Griff aus Weiden gewunden.
Mit einem Apfel, mit Brezen und bunten Krepppapierschleifen werden die Palmbuschen mancherorts geschmückt.
Mit der Segnung dieser Palmbuschen beginnt die Karwoche. Das Althochdeutsche Kara bedeutet Wehklage, und diese Woche erinnert an den Leidensweg Jesu.
Allheilmittel Palmkätzchen: Flauschige Aspirin-Pillen
Den Palmbuschen wird große Segenskraft zugesprochen: Im Ofen sollen sie Unwetter abhalten, im Ohr Schmerz lindern, in Wiege und Herrgottswinkel Segen bringen, an der Stalltür Krankheiten beim Vieh abwehren, auf dem Acker eine gute Ernte garantieren. Bei Halsschmerz wurden die Palmkätzchen sogar geschluckt. Und in gewisser Weise ist die Salweide auch eine Medizin, Kühe fressen sie nicht umsonst: Die Rinde enthält Substanzen, die der Acetylsalicylsäure extrem ähnlich sind, wirkt also wie Aspirin.
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