Leningrad-Belagerung

Moskau will Anerkennung von deutschem „Völkermord“

Ausland
20.03.2024 09:40

Russland will mit einer aus ihrer Sicht „historischen Ungerechtigkeit“ aufräumen und verlangt nun, dass die Belagerung von Leningrad (heutiges St. Petersburg) durch deutsche Truppen im Zweiten Weltkrieg nicht nur als Kriegsverbrechen, sondern als Völkermord anerkannt werden.

Der deutschen Seite wird ein angeblich „widersprüchlicher Umgang“ mit der Vergangenheit vorgehalten: Deutsche Verbrechen aus der Kolonialzeit seien als Völkermord anerkannt, die nationalsozialistischen Verbrechen gegen die Völker der Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg aber nicht. „Die russische Seite besteht auf einer offiziellen Anerkennung solcher Untaten des Dritten Reichs als Genozid“, heißt es demnach in einer diplomatischen Note an das Außenministerium in Berlin.

Während der fast 900 Tage langen Belagerung der nordrussischen Stadt durch die Wehrmacht und ihre Verbündeten kamen zwischen 1941 und 1944 etwa 1,1 Millionen Menschen ums Leben. Unzählige Zivilisten verhungerten oder erfroren.

Russen sehen „ethnische Diskriminierung“
„Die Leningrader Blockade war ein furchtbares Kriegsverbrechen, das die deutsche Wehrmacht über Leningrad und seine Bevölkerung gebracht hat“, heißt es dazu aus dem Auswärtigen Amt. Dies habe die Bundesregierung mehrfach betont und halte an dieser Rechtsauffassung fest. Zum 80. Jahrestag des Blockadeendes in diesem Jänner habe die deutsche Botschaft in Moskau mit mehreren Veranstaltungen der Opfer gedacht.

Kremlchef Wladimir Putin bei der Gedenkstätte für die Opfer der Belagerung (Bild: APA/AFP/SPUTNIK/Mikhail Klimentyev)
Kremlchef Wladimir Putin bei der Gedenkstätte für die Opfer der Belagerung

Das russische Außenministerium stört sich erneut daran, dass Deutschland nur jüdischen Opfern der Blockade individuell Entschädigung zahle. „Die russische Seite sieht eine solche Praxis der deutschen Seite als ethnische Diskriminierung“, zitiert TASS aus der Note. Opfer aller Nationalitäten sollten entschädigt werden – so die Forderung. 

Deutschland verweist auf bezahlte Kriegsreparationen
Deutschland begründet die unterschiedliche Behandlung damit, dass die sowjetischen Juden wegen der nationalsozialistischen Rassenpolitik einem besonderen Verfolgungsdruck ausgesetzt waren. Die Entschädigung anderer Opfer sei mit den Kriegsreparationen abgegolten, die aus Deutschland nach 1945 geleistet worden seien.

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