Fürchten hohen Ölpreis
US-Zuruf an Kiew: Angriffe auf Raffinerien stoppen
Die Vereinigten Staaten haben die Ukraine laut einem Medienbericht dazu aufgefordert, die Drohnenangriffe auf russische Ölraffinerien einzustellen. Denn anderweitig fürchtet man Vergeltungsschläge und empfindlich hohe Ölpreise – was Bidens Wiederwahl gefährden könnte. Die Ukraine weist die Aufforderung aber zurück.
Mehrmals habe Washington urgiert, die Attacken auf die russische Energieinfrastruktur – darunter auch Ölraffinerien und -depots – zu stoppen, berichtet die „Financial Times“ unter Berufung auf drei mit der Angelegenheit vertraute Personen. Die Warnungen seien an den Inlandsgeheimdienst SBU und den Militärgeheimdienst HUR ergangen. Beide Dienste haben seit dem russischen Überfall auf die Ukraine ihre Drohnenprogramme massiv ausgeweitet und feindliche Ziel am Land, zur See und in der Luft angegriffen.
Schläge gegen Ölindustrie verstärkt
Seit einiger Zeit nehmen die ukrainischen Streitkräfte verstärkt Energieanlagen auf russischem Territorium ins Visier. In den vergangenen zwei Jahren gab es zwölf Angriffe auf russische Ölraffinerien – neun davon allein im Jahr 2024. Zudem wurden weitere Terminals, Depots und Lagereinrichtungen attackiert.
Durch die wiederholten ukrainischen Schläge gegen Russlands Erdölindustrie sei man im Weißen Haus zusehendes frustrierter geworden, so ein Insider laut der britischen Tageszeitung. Denn trotz massiver westlicher Sanktionen ist die Russische Föderation weiterhin einer der größten Exporteure für Öl und Gas.
600.000 Barrel pro Tag stillgelegt
Die vermehrten Anschläge auf russische Raffinerien haben mithin weitreichende Folgen für den Ölmarkt. Laut Einschätzung der Ökonomen der Commerzbank von Freitag mussten infolge von Drohnenangriffen „schätzungsweise rund 600.000 Barrel pro Tag stillgelegt werden“. Das schüre vor allem die Sorge vor einem geringeren Angebot an Ölprodukten.
Der zuletzt auf über 85 Dollar pro Barrel (159 Liter) gestiegene Preis für Rohöl macht auch den Treibstoff in den USA teurer. Der Preis für eine Gallone (3,78 Liter) Benzin stieg heuer bereits um 15 Prozent auf rund 3,50 Dollar.
Angst vor hohen Treibstoffpreisen
Ein Grund zum Fürchten für US-Präsident Joe Biden, der sich anschickt, vollends in den Präsidentschaftswahlkampf zu stürzen. Er baut seine Hoffnungen auf eine Wiederwahl unter anderem darauf, den massiven Preisauftrieb infolge des Ukraine-Krieges gebremst zu haben. „Nichts erschreckt einen amtierenden Präsidenten so sehr wie hohe Preise an der Tankstelle in einem Wahljahr“, brachte es Bob McNally, ein früherer Energieberater der US-Regierung, gegenüber der „Financial Times“ auf den Punkt.
Die US-Regierung fürchtet auch russische Vergeltungsschläge gegen wichtige Infrastruktur, wie etwa die CPC-Pipeline, die Erdöl durch Kasachstan und Russland an den Schwarzmeerhafen Noworossijsk bringt, wo es für den Weltmarkt verschifft wird.
Wir kämpfen mit den Fähigkeiten, Ressourcen und Praktiken, die wir haben.
Die ukrainische Vize-Ministerpräsidentin Olha Stefanischyna
Kiew wies die Aufforderung der USA am Freitag zurück und erklärte, dass die russischen Ölraffinerien legitime Ziele seien. „Wir verstehen die Forderungen der US-Partner, aber gleichzeitig kämpfen wir mit den Fähigkeiten, Ressourcen und Praktiken, die wir haben“, sagte Vize-Ministerpräsidentin Olha Stefanischyna am Freitag in Kiew.
Angriffe als Ausrufezeichen
Die Drohnenangriffe zurückzuschrauben oder zu verstärken, ist für Kiew heikle Abwägungssache. Denn mit den Attacken setzt man neben dem Ölmarkt zuallererst der russischen Kriegsmaschinerie zu. Außerdem will man Russland symbolische Schläge versetzen, indem man den Krieg weit ins Hinterland des Aggressors trägt. Nicht zuletzt sollen die Angriffe auch Washington zeigen, dass es Sinn hat, der Ukraine weitere Waffen zu schicken – denn sie werden effizient eingesetzt, so die Botschaft.
Andererseits hat die Ukraine ein enormes Interesse daran, dass Biden weitere vier Jahre Präsident ist und sollte dessen Wahlsieg tunlichst nicht gefährden. Denn nur dann ist sichergestellt, dass die USA das angegriffene Land weiter militärisch und finanziell unterstützen.
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