Zu viele Blockaden?
Abstimmung zu EU-Naturschutzgesetz abgesagt
Die für den heutigen Freitag geplante Abstimmung zu einem EU-Naturschutzgesetz wurde erneut abgesagt. Die SPÖ-Delegation im Europäischen Parlament sprach bereits zuvor von einer „nicht mehr fixen Mehrheit.“ Die Zukunft des Gesetzes sei jetzt „völlig unklar.“
Wie berichtet, geht es dabei um die Wiederherstellung der Natur. So sollen dem EU-Renaturierungsgesetz nach bis 2030 mindestens 20 Prozent der Land- und Meeresflächen sowie bis 2050 alle gefährdeten Ökosysteme wiederhergestellt werden (siehe Video oben). Betroffen sind etwa Seen, Flüsse, Wälder, Wiesen und Korallenriffe. Die Ziele sollen mit nationalen Plänen erreicht werden.
Am Freitag war eine unverbindliche Abstimmung unter den 27 EU-Botschafterinnen und -botschaftern geplant, diese wurde jedoch kurzfristig wieder abgesagt. Für eine qualifizierte Mehrheit fehle noch die Stimme eines zusätzlichen Landes, sagte ein EU-Diplomat. Insgesamt sind dafür die Stimmen von mindestens 15 von 27 Mitgliedstaaten nötig, die mindestens 65 Prozent der Bevölkerung abbilden müssen.
Nehammer lehnt Gesetz ab
Gegenstimmen sowie Enthaltungen kommen derzeit von den Regierungen Italiens, Schwedens, Finnlands und Polens, sowie aus Österreich und Belgien. Österreichs Regierung muss sich aufgrund eines Beschlusses der Bundesländer enthalten. Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) betonte aber, dass er das Gesetz auch persönlich ablehne, „weil der Grundfehler daran liegt, viel zu rasterförmig über die EU drüberzugehen. Jedes Land hat seine Besonderheiten, auch die Landwirtschaft in jedem Land. Daher ist es wichtig, dem Rechnung zu tragen.“
Kritik kam von der SPÖ-Delegation im Europäischen Parlament und von Umweltschutzorganisationen wie dem WWF (World Wide Fund for Nature). „Eine intakte Natur ist für ein gesundes Klima und eine gesunde Artenvielfalt unerlässlich (...). Wir müssen jetzt handeln, damit wir in einer intakten Umwelt leben und sie auch an die nächsten Generationen weitergeben können“, sagte der EU-Abgeordnete Günther Sidl.
WWF: „Blockade fahrlässig“
„Das geplante Gesetz wäre ein riesiger Fortschritt und genau die richtige Antwort auf die eskalierende Klima- und Biodiversitätskrise. Dass die neun Landeshauptleute diese Weichenstellung für ganz Europa sabotieren, ist völlig verantwortungslos“, sagt WWF-Biodiversitätssprecher Joschka Brangs. Das Gesetz gehe über reine Bundesländer-Kompetenzen hinaus – „von der Wasserversorgung über gesunde Flüsse und Wälder bis zur Anpassung an die Klimakrise.“
Das geplante Gesetz wäre ein riesiger Fortschritt und genau die richtige Antwort auf die eskalierende Klima- und Biodiversitätskrise.
Joschka Brangs, WWF
Laut WWF sind hierzulande mehr als 80 Prozent der europarechtlich geschützten Arten und Lebensräume in keinem günstigen Erhaltungszustand. Nur noch 14 Prozent der heimischen Flüsse seien in einem guten ökologischen Zustand. Ein Problem sei der hohe Bodenverbrauch. Ursprünglich war bereits Ende Februar eine Einigung erzielt worden, es ging nur noch um die formale Zustimmung.
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