Die Plakatflut in Innsbruck im Zuge der Gemeinderats- und Bürgermeisterwahl am 14. April verschandelt die Landeshauptstadt, verwirrt immer mehr Wähler. Auch ich träumte davon, schreibt Claus Meinert, Chef der „Tiroler Krone“, in der Rubrik „Tiroler Politik Inoffiziell“.
Es ist Wochenende. Ich bin zu Hause in meinen vier Wänden. Fühle mich wohl. Nach einigen erfolgreichen Erledigungen liege ich gemütlich auf der Couch. Alles ist bereit für den Fußballnachmittag mit dem privaten Sportsender. Ja, den leiste ich mir, muss ich, denn beim ORF, den ich mir gerne nicht zwangsleisten würde, aber es auch muss, läuft gefühlt in der Dauerschleife Formel 1 oder irgendeine Skisportart.
Der Teufel und das Weihwasser
Es ist kurz vor 15.30 Uhr, fünf Spiele der deutschen Bundesliga werden in wenigen Augenblicken angepfiffen. Doch statt dem Pfeifton höre ich die Türklingel läuten. „Nicht jetzt“, denke ich und öffne. Pia Tomedi von der KPÖ steht vor mir. Sie sei auf Wahltour, wolle sich auch um meine Stimme kümmern. Und verspricht mir, dass Wohnen günstiger wird, Mieten nur mehr die Hälfte kosten werden, wenn ich sie bei der Gemeinderatswahl in Innsbruck wähle. Klingt verlockend, denke ich. Blöd nur, dass ich seit 20 Jahren bei meiner Bank den Kredit für meine Eigentumswohnung abstottere. „Ach so“, meint sie, dann sei sie hier falsch und dreht ab. Eigentum und KPÖ ist wie Teufel und Weihwasser.
Ein Gratisbesuch auf der Alm
Zurück am Sofa, die Anfangsminuten versäumt, bereits eine erste strittige Entscheidung nach einem Tumult im Strafraum „meiner“ Mannschaft. Spannung pur. Da läutet es erneut. Widerwillig öffne ich. Johannes Anzengruber grüßt freundlich, klopft mir auf die Schulter und meint: „Wie geht's immer?“ Ich will ihm sagen, dass ich eigentlich gerade Fußball schaue und keine Zeit habe. Das interessiert ihn aber nicht. Er will mir sein Wahlprogramm erklären, betont, dass Wohnen wieder leistbarer werden muss in Innsbruck. Wenn ich ihn ankreuze, bekäme ich einen Gratisbesuch auf der Arzler Alm dazu. Ich versuche ihm zu erklären, dass ich weder auf eine Alm will, noch ... Aber er dreht ab, bevor ich fertig geredet habe.
Als ich die Tür schließen will, höre ich eine Stimme. „Hallo, Moment. Ich bin es. Der Florian.“ Es ist Florian Tursky. Er garantiere den Neuanfang Innsbrucks – inklusive billiger Wohnen, lächelt er. Ich hingegen erwidere, dass das Internet hier in der Gegend ausbaufähig ist. Aber das interessiert den Ex-Digitalstaatssekretär augenscheinlich kaum mehr. „Mein Essen wird kalt“, versuche ich ihn abzuwürgen. Wie die strittige Situation im Strafraum ausgegangen ist, kann ich mir insofern erklären, als dass es 1:0 für die Gastmannschaft nach einem Elfmeter steht.
Wenn auch der Stadtchef läutet
Das Spiel plätschert dahin, abermals läutet es. Es ist Georg Willi. „Herr Bürgermeister, was führt Sie zu mir?“, versuche ich freundlich zu sein. Er wolle mir erklären, warum die Immobilien- und Mietpreise in den vergangenen Jahren in Innsbruck so gestiegen seien und die Schuld daran alle anderen Parteien zusammen hätten. Er werde das ändern, vorausgesetzt, er bleibe Bürgermeister. Ich nicke zustimmend – will wenigstens die letzten Minuten vor der Halbzeitpause noch sehen ... Aber er lässt sich einfach nicht abwimmeln. Im Hintergrund höre ich, wie die Analysen der wichtigsten Spielmomente der ersten Halbzeit beginnen. Irgendwann geht Willi, ich jedoch bleibe angelehnt an der Tür. Es kommt sicher gleich jemand ums Eck, denke ich.
Tatsächlich. Es ist Elli Mayr von der SPÖ. Warum ich so bedrückt schauen würde, fragt sie und betont, ich solle mutiger in die Zukunft blicken. Ich will aber eigentlich nur in den Fernseher und Fußball sehen, denke ich. Auch sie verspricht mir, dass mit ihr das Wohnen billiger wird und dazu jedes Kind die beste Ausbildung erhalten soll. „Wer bezahlt das alles?“, frage ich. Diesbezüglich solle ich nicht ängstlich sein, mehr Mut aufbringen. Wohl auch vermehrt Steuern, denke ich. Mir reicht es. Ich bedanke mich, sage auf Wiedersehen und verriegle die Haustür. Wenigstens die zweite Halbzeit möchte ich in Ruhe genießen.
Es klingelte noch einige Male, unter anderem stand Markus Lassenberger von der FPÖ vor verriegelter Tür. Ich bräuchte die Tür künftig nicht mehr zu verriegeln. Er werde für Sicherheit und billigeres Wohnen sorgen, höre ich ihn sagen. Aber ich öffnete nicht mehr.
Alles nur ein Traum ...
Dann ein lauter Knall im Freien. Ich schrecke auf, bemerke, dass ich geschlafen hatte. Ich blicke auf die Uhr, sehe, dass es noch eine halbe Stunde bis zum Anpfiff ist. Ich lächle. Alles nur ein politischer Traum, der nichts mit der Realität zu tun hatte.
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