Vor zwei Jahren wurde die „art Bodensee“ zu Grabe getragen, für Beobachter der hiesigen Szene hat die Kunstmesse aber ohnehin nie gelebt. Raiko Schwalbe bringt nun was Neues.
„Krone“: Die Art Bodensee, Dornbirns Kunstmesse, ist nie wirklich abgehoben, schließlich wurde sie zu Grabe getragen. Nun aber soll es doch wieder eine Kunstmesse in Dornbirn geben. Wie kam es dazu?
Raiko Schwalbe: Seit dem Jahr 2008 organisiere ich Messen in deutschen Städten, ich habe einige Jahre in Balderschwang gewohnt und auch die Art Bodensee immer wieder besucht. Das Problem war wohl, dass die Messe im Sommer stattfand, bei zunehmend hohen Temperaturen – und abnehmenden Besucherzahlen. Ich glaube aber an ein Format im Vier-Länder-Eck. Gemeinsam mit der Messeleitung habe ich versucht, einen neuen Ansatz zu finden. Ich denke, das ist auch gelungen, und die Art Bodensee – die ist wirklich Geschichte.
Was kann das neue Format, was wird geboten?
Mir war wichtig, nicht eine weitere x-beliebige Galerienmesse aufzuziehen. Die großen Messen gibt es an anderen Standorten, in Wien oder in Basel. Die Dinge verändern sich, die Galerien dezimieren sich. Viele Künstler müssen sich heute einfach selbst vermarkten und können nur auf eine Galerie hoffen – eine Garantie gibt es nicht. Viele brachen auch einen Brotjob. Deswegen setze ich bewusst auf ein hybrides Konzept. Es geht nicht darum, die besten Galerien nach Dornbirn zu holen, sondern es geht um alle Akteure zusammen: einzelne Künstler, Verbände und Galerien. So decken wir ein größeres Spektrum ab und können den Besuchern auch mehr bieten.
Geht’s auch um einen niederschwelligen Zugang?
Ich veranstalte seit 15 Jahren Messen. Immer wieder wird gefragt: Was darf Kunst? Ich will nicht unterscheiden zwischen einem Autodidakten und einem Akademiker, ich will Kunst nicht bewerten oder beantworten, ob eine Arbeit nun einem bestimmten Kunstanspruch entspricht oder nicht. Ich will die Vielfalt fördern und nach den schwierigen Coronajahren eine Plattform bieten. Die ArtMuc ist heuer im zehnten Jahr, anfangs hatte aber auch diese Messe Schwierigkeiten. Die etablierte Szene war skeptisch. Heute haben wir 200 Aussteller, das ist die Zukunft.
Wird es Sonderschauen, Spezialthemen, Talks oder andere dialogische Formate geben?
Wir werden uns etwa der digitalen Kunst widmen und u.a. fragen, wie Hard- oder auch Software Künstlern helfen kann, die Wertschöpfung zu steigern. Dazu gibt es eine Sonderschau, die von mir kuratiert wird. Ich habe den Dotcom-Boom erlebt, dann den NFT-Boom, mir geht es um die Darstellung der Nutzung von digitalen Medien. Zudem wollen wir zeigen, dass vieles, das uns im Alltag umgibt, von Kreativschaffenden gestaltet worden ist – sei es das Geschirr, von dem wir essen, Fashion oder Architektur. Im München zeigen wir auf der Messe zum Beispiel den Weg einer Modeschule zu ihrer Abschluss-Kollektion, das ist superspannend. Viele wissen ja gar nicht, wie die Dinge um sie herum entstehen.
Nun wird es also gleich zwei Kunstmessen in Vorarlberg geben, im Februar ging die Stage Bregenz zum ersten Mal an den Start. Ist das dann nicht zu viel für das kleine Ländle?
Da habe ich keine Berührungsängste, die Stage Bregenz hat einen superprofessionellen Veranstalter. Und wie gesagt: Mein Anspruch ist keine Galerienmesse, ich will nicht die Hardliner-Kunstinteressierten aktivieren, sondern ein jüngeres Publikum erreichen. Leute, die mit der Kunst ein Stück weit mitwachsen. Ich will Hemmschwellen senken.
Die Messe wird nun im November über die Bühne gehen. Ein bewusst ausgewählter Zeitpunkt?
Ja, der Sommer eignet sich nicht, diesen Fehler wollen wir nicht wiederholen. Im November haben die Christkindl-Märkte noch nicht offen, man denkt aber vielleicht trotzdem schon an das eine oder andere Geschenk. Bis Ende Juni läuft noch die Bewerbungsfrist für alle, die teilnehmen wollen.
Haben Sie keine Angst, dass die Krise den Menschen den Kunstankauf ein wenig verleidet?
Das war auch vergangenes Jahr schon Thema. Aber auf meinen Messen gehen die Preise schon bei einigen hundert Euro los. Das sind Dinge, die man sich wirklich leisten kann. Zudem: Was bis November noch alles passiert, wissen wir alle nicht. Wichtig ist jedenfalls, Flagge zu zeigen.
Wie müsste sich die Messe entwickeln, damit Sie von einer erfolgreichen ersten Ausgabe sprechen würden?
Ich erwarte heuer keinen Gewinn. In München habe ich sieben Jahre gebraucht bis zum Break-even. Es geht um Leidenschaft und Langfristigkeit.
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