„Orpheus steigt herab“ ist nach „Die tätowierte Rose" das zweite Drama, das US-Schriftsteller Tennessee Williams der großen italienischen Schauspielerin Anna Magnani, mit der ihn eine enge Freundschaft verband, maßgeschneidert hat. Martin Kušej hat sich das wenig bekannte Stück für seine letzte Inszenierung als Burgtheaterdirektor ausgesucht. Fazit: ein überaus mühsamer Abend!
Dass der Abschied im Sommer kein freiwilliger und der Verabschiedete darob verstimmt ist: Das hat uns „Burg“-Direktor Martin Kušej schon im Herbst mit einem leidlichen „Menschenfeind“ signalisiert. In seiner längerfristig letzten Inszenierung am Haus wird er noch eine Drehbühne deutlicher: „Orpheus steigt herab“ erzählt von einem betörend singenden Heldenjüngling und Tröster aller Frauen, der erlösergleich über einem reaktionären Südstaatenkaff aufgeht, wo man ihn am Ende verbrennt. Das sitzt. Leider ist das Werk aus dem Jahr 1957 keines der besseren des amerikanischen Vielverfassers Tennessee Williams: Die politische Botschaft ist plump ausgestellt, und die üppig bemühten Symbole, bevorzugt der Tierwelt entlehnt, stehen unter Schwulstverdacht.
Kušej mobilisiert dafür einen jede Theaterambition zermalmenden Apparat. Die Bühnenbildnerin Annette Murschetz türmt finstere, bühnenhohe Klötze aufeinander, die nach jeder der oft minutenkurzen Szenen via Drehbühne umständlich in Bewegung gesetzt werden. Dabei vertraut die Regie einer deklamatorischen Bedeutsamkeitssuperzeitlupe, die Lähmung in Dreistundenlänge verursacht.
Martin Reinke und Sarah Viktoria Frick steigen dabei am besten aus, ohne dass man etwa Nina Siewert oder Norman Hacker für das Resultat verantwortlich machen dürfte. Der farblose Titelheld Tim Werths kann zumindest gut singen, wird aber durch Oliver Welter („Naked Lunch“) aufgedoppelt, der in rätselhafter Dracula-Adjustierung Misstöne erzeugt.
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