Am Montag sind drei minderjährige Kinder eines zu Weihnachten in Wien unter Terror-Verdacht festgenommen Ehepaares, das einem länderübergreifenden Netzwerk der radikalislamistischen Gruppierung „Islamischer Staat Provinz Khorasan“ (ISPK) angehören und in Anschlagspläne gegen den Stephansdom sowie den Kölner Dom eingebunden gewesen sein soll, in die Türkei überstellt worden. Das gab Andreas Schweitzer, der Verteidiger der Eltern, bekannt und übte daran zugleich Kritik.
Die Wiener Kinder- und Jugendhilfe (MA 11) hatte die Kinder im Alter von drei, fünf und sieben nach der Inhaftierung der Eltern – ein 28-jähriger Tadschike und eine 27 Jahre alte, aus der Türkei stammende Frau, die seit 2022 in Wien lebten – zunächst in einem Krisenzentrum untergebracht. In weiterer Folge wurde entschieden, dass die in der Türkei lebende Großmutter der unmündigen Kinder die vorläufige Obsorge übertragen bekommt. Bezüglich des Außerlandesbringens lag auch die Zustimmung der Eltern, insbesondere der Kindesmutter vor, die deren Rechtsanwalt allerdings am vergangenen Freitag widerrief.
Anwalt: Mutter sei unter Druck gesetzt worden
Die Einwilligung sei der 27-Jährigen „unter Vorhalt falscher Tatsachen abgenötigt worden“, sagte Schweitzer im Gespräch. Man habe der Frau „eingeredet, dass sie nie wieder aus dem Gefängnis kommen wird. Sie wusste nicht, wie sie mit dieser Situation umgehen soll“. Schweizer hatte daher die MA 11 schriftlich aufgefordert, die geplante Überführung „jedenfalls zu stoppen, um weiteren psychischen Schaden bei den Kindern hintanzuhalten“, wie es in einem mit vergangenem Freitag datierten Schreiben hieß. Die dreifache Mutter sei unter Druck gesetzt und die Überstellung „trotzdem einfach durchgezogen“ worden, kritisierte der Anwalt das behördliche Vorgehen.
Behörde spricht von „ausdrücklichem Wunsch der Mutter“
Die MA 11 wies die gegen sie gerichteten Vorwürfe „ganz entschieden zurück“. In einem Schreiben an Schweitzer machte die zuständige Regionalstellenleiterin Montagmittag den Anwalt darauf aufmerksam, es sei „der ausdrückliche Wunsch der Mutter“ gewesen, die Kinder von der Krisenunterbringung zu ihren Eltern zu bringen, „um ihnen einen Verbleib im familiären Umfeld zu ermöglichen“. Das habe die 27-Jährige mehrfach und bei verschiedenen Terminen bekräftigt. Die Kinder seien intensiv auf die Zusammenführung mit den Großeltern vorbereitet worden: „In der Türkei sind die Behörden auf die Ankunft und Übernahme der Kinder vorbereitet. Die Reise wurde organisiert und die Großeltern bereits auf dem Weg nach Istanbul.“
Ehepaar bestreitet Vorwürfe
Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt gegen die Eltern als Teil einer mutmaßlichen Terror-Zelle, in die federführend ein 30 Jahre alter, zuletzt in Deutschland lebender Tadschike eingebunden gewesen sein soll, wegen terroristischer Vereinigung (§278b StGB) in Verbindung mit terroristischer Straftaten (§278c StGB). Das Ehepaar bestreitet sämtliche wider sie erhobenen Anschuldigungen.
Tadschike spionierte Stephansdom als Terrorziel aus
Der 30-Jährige, der mittlerweile von den deutschen Behörden ausgeliefert wurde und der sich nun ebenfalls in der Justizanstalt Wien Josefstadt in U-Haft befindet, hatte die Wiener Terror-Verdächtigen bis zum 20. Dezember mehrfach getroffen. Der 30-Jährige, den der deutsche Verfassungsschutz schon seit längerem im Fokus hatte und der daher observiert wurde, wurde dabei beobachtet, wie er den Stephansdom in einer für Touristen untypischen Weise filmte, auf Überwachungskameras überprüfte und das Gemäuer abklopfte.
Zwischenzeitlich flog der 30-Jährige für ein paar Tage nach Istanbul, wo weitere Beteiligte der Terror-Zelle vermutet werden, kehrte am 18. Dezember nach Wien zurück und fertigte am 19. Dezember noch Fotos und Videoaufnahmen vom Prater an – offenbar ein weiteres potenzielles Anschlagsziel -, ehe er am 20. Dezember nach Deutschland zurückkehrte. Seine Festnahme erfolgte auf Basis eines von der Staatsanwaltschaft Wien beantragten Europäischen Haftbefehls.
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