Schlechte Bewertungen für Lokale online können Existenzen zerstören. Gastronomen fordern Kontrollmechanismen.
Ein am Freitag ergangenes Urteil wird in der Wiener Gastroszene gerade heiß diskutiert. Zur Vorgeschichte: Eine Wienerin feierte ihren 40. Geburtstag in einem Innenstadtlokal. 3000 Euro Budget waren mit dem Wirt ausgemacht. Als die Summe erreicht wurde, wies sie der Wirt darauf hin. „Sie sagte, kein Problem, weiter, weiter.“ Am Ende ergab die Rechnung 5763 Euro.
Weiterer Prozess steht bevor
Sie bezahlte, am nächsten Tag kam ihr der Betrag aber zu hoch vor und sie drohte dem Wirt per SMS mit 50 schlechten Google-Bewertungen, sollte er ihr nicht 1500 Euro zurückgeben. Das tat sie schließlich, der Wirt zeigte sie wegen Nötigung an – am Freitag sprach sie das Gericht im Strafverfahren jedoch frei. Nun wird gegen den Wirt wegen Betrug ermittelt. Dieser vertraut jedoch auf den im Sommer 2024 stattfindenden Zivilprozess: „Da kann ich dann alle meine Beweise vorlegen.“
Erpressung durch Bewertungen
Das erste Urteil ist für die Wiener Gastronomen ein Schock. „Jetzt kann also jeder essen gehen und im Nachhinein sagen, es hat mir nicht geschmeckt. Entweder ich bekomme es gratis, oder ich schreibe eine schlechte Bewertung“, sagt etwa Andi Hoppel vom Plutzer Bräu. Gastronom Roland Soyka hat solche Erpressungen bereits selbst erlebt: „Meine Gäste hatten die Google-Bewertungsseite am Handy offen und verlangten gratis Schnäpse für eine 5-Stern-Bewertung.“
Berechtige Kritik ist wichtig und richtig. Wenn man aber anfängt, uns damit zu erpressen, kommt bald die nächste Flut des Wirtesterbens.
Manuel Schmidt, Dresdnerhof
Bild: Martin Jöchl
Ich sehe Bewertungen online als problematisch an. Zumal negative Bewertungen oft nicht konstruktiv sind und aus einer Emotion heraus entstehen.
Farangis Firozian, Soulkitchen Vienna
Bild: Wolfgang Unger
So ein Urteil öffnet Tür und Tor für Gäste und wir Gastronomen können uns um ein weiteres Problem kümmern, dass nichts mit unserer Leidenschaft zu tun hat.
Kenan Koc, Kenny‘s
Bild: zVg
Bewertungen sind Fluch und Segen zugleich. Das Wichtigste ist, dass die Klarnamenpflicht endlich kommt, zumal auch viele Bots falsche Bewertungen schreiben.
Roland Soyka, Stuwer Neues Beisl
Bild: DAVID PAYR
Als Wirt ist man dem Bewertungssystem ausgeliefert. Auch wenn nachweislich unrichtige Kommentare geschrieben werden, hat man keine Handhabe dagegen.
Andi Hoppel, Plutzer Bräu
Bild: klemens groh
Problematisches System
Generell sei das System mit den anonymen Kommentaren problematisch, es brauche dringend Kontrollmechanismen. Kenan Koc vom Poke-Bowl-Restaurant Kenny’s sieht hier auch die Wirtschaftskammer in der Pflicht.
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