Prozessurteil in OÖ

Mord an Senior: 20 Jahre Haft für Trans-Pflegerin

Oberösterreich
26.03.2024 16:13

Warum der Pensionist (82) durch ein Dutzend Messerstiche der Pflegerin sterben musste, ist für die Angehörigen unbegreiflich. Denn sie kannten „den Franz“ ganz anders, als die Angeklagte am Dienstag vor dem Gericht in Ried behauptete. Doch die Geschworenen glaubten der Familie. Die Transpflegerin erhielt 20 Jahre Haft und eine Einweisung.

„Franz war ein herzensguter Mensch. Mit dem hättest du nicht streiten können.“ Mit dieser Aussage brachten die Stieftochter und die vier Geschwister des erstochenen Franz (82) im Schwurgerichtssaal von Ried/I. die Verantwortung der 24-jährigen Angeklagten, die zum Tatzeitpunkt noch ein Mann war, gehörig ins Wanken. Denn die Pflegerin, die auf Wunsch von allen – bis auf Gutachterin Adelheid Kastner – als „Vanessa“ angesprochen wurde, gab an, dass sie im Oktober des Vorjahres in Geretsberg ihren nach einem Schlaganfall halbseitig gelähmten und bettlägerigen Schützling, den sie „Opa“ nannte, mit zwei Messern im 3,6-Promille-Rausch erstochen habe, weil er sie sexuell belästigt und mit ihr wegen Schokolade und Bier und dem nicht aufgeladenen Rasierer gestritten habe. „Ich war am Tattag, wie fast jeden Tag, beim Papa und die Sache mit dem Rasierer fand er lustig, weil ein paar Haare stehen blieben“, erzählt die Stieftochter unter Tränen. „Es gab mit ,Vanessa‘ keinen Streit.“

Täterin vor Gericht (Bild: Daniel Scharinger, Krone KREATIV)
Täterin vor Gericht

„Nur ich wusste, dass sie ein Mann ist“
Dass die slowakische Pflegerin eigentlich ein Pfleger war, hatte in der Familie nur sie gewusst, auch nicht das spätere Opfer. „Das habe ich aus Schutz für ,Vanessa‘ niemandem gesagt, weil vielleicht wollte sie es ja nicht. Und mir war es egal, ich akzeptierte sie als Frau.“ Auch die beiden Brüder und Schwestern, die von einem harmonischen Verhältnis zu Franz berichteten, hatten nie an der Weiblichkeit der Pflegerin gezweifelt, die immer stark geschminkt und „fesch hergerichtet“ war.

„Ich habe einer der Schwestern erzählt, dass ich transsexuell bin“, sagte „Vanessa“ aus und sie meinte, dass die Schwester dann den Pflegling informiert habe und dann Franz begonnen habe, die Trans-Pflegerin zu hänseln und zu betatschen. Doch die Schwestern stritten beide das unter Wahrheitspflicht ab.

Auf Video lachten Täterin und Opfer
Ein Video der Angeklagten, das sie wenige Tage vor der Tat scherzend und mit dem späteren Opfer zeigte, widersprach auch der Aussage, dass sie seit längerem sexuell belästigt wurde. „Das schaut eher nach Gaudi aus“, meinte die Richterin.

Rückfallrisiko liegt bei über 80 Prozent
Gutachterin Adelheid Kastner, die den Angeklagten als Mann ansprach, weil es zwar eine Brustimplantation gab, aber sonst keine Versuche, zur Frau zu werden, ortete eine Persönlichkeitsstörung und ordnete „Vanessa“ in die zweithöchste Gefährlichkeitsklasse ein – das Risiko für eine Rückfälligkeit sei binnen zehn Jahren bei 82 Prozent. Als einen vermutlichen Auslöser der Tat ortete die Psychiaterin einen telefonischen Streit von „Vanessa“ mit ihrem Freund in der Slowakei und aufgrund ihrer Persönlichkeitsstruktur habe sie die Wut an ihrem Schützling ausgelassen.

Tränen bei Schilderung des Tathergangs
„Er war das Ventil“, nannte es Staatsanwältin Petra Stranzinger, die von zwölf Stichen berichtete: vier in die Brust, einen in den Bauch und sieben gegen den Kopf. Die Angehörigen, die im Saal dem Verfahren folgten, kämpften mit den Tränen, als sie hörten, dass ein Messer sogar abgebrochen war und einmal die Klinge in den Schädel eindrang: „Das zeugt von der Brutalität.“
„Vanessa“ blieb reglos, zitterte aber, als sie hörte, dass sie „im Leben nichts auf die Reihe brachte“, nur Drogen- und Alkoholmissbrauch wären durchgängig. Aufenthalte in Psychiatrien waren ebenso wenig nachvollziehbar, wie die Diagnose Schizophrenie oder Borderline-Syndrom.

Rasches Urteil
Pflichtverteidiger Josef Wimmer verwies auf die Unbescholtenheit und das Geständnis, bat um Milde. Anklägerin Petra Stranzinger forderte zusätzlich zum Mordurteil eine Einweisung in ein Forensisch-therapeutisches Zentrum wegen der Gefährlichkeit. Nach kaum zwei Stunden waren sich die Geschworenen einstimmig einig: Es war Mord. 20 Jahre Haft und Einweisung –  das Urteil ist bereits rechtskräftig.

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