Investoren getäuscht?

Der letzte Millionentrick des großen Blenders

Wirtschaft
27.03.2024 16:00

René Benko ließ seiner finanzmaroden Signa-Gruppe im Sommer 2023 beachtliche 35 Millionen Euro entziehen, um sie im Kreis zu schicken und über seine Stiftung wieder als angeblich „frisches Kapital“ in die Holding einzubringen. Hat der Finanzjongleur seine Investoren getäuscht?

Im Sommer des Jahres 2023 ist in der Firmengruppe des René Benko längst die Hölle los. Die Europäische Zentralbank (EZB) prüft jene Banken, die der Signa-Gruppe Kredit gegeben haben. Es brennt. In finanzieller Hinsicht. Geld fehlt an allen Ecken und Enden des undurchsichtigen Geflechts. 

Tarnen und Täuschen
Der Finanzjongleur braucht dringend frisches Kapital, um die Liquidität seiner Signa Holding, die bereits ausgequetscht wie eine Zahnpastatube ist, wiederherzustellen. Und was tut René Benko?  Er gibt vor, mit gutem Beispiel voranzugehen und der Muttergesellschaft des Signa Konzerns noch einmal frisches Geld aus seiner Familienstiftung zur Verfügung zu stellen. In der Hoffnung, dass die so irritierten wie emotionalisierten Co-Investoren rund um den deutschen Fressnapf-Gründer Torsten Toeller oder den Schweizer Schokolade-Baron Ernst Tanner noch einmal mitziehen. Zur „Schaffung neuer Liquiditätsreserven“ und um wieder einen „Zugang zu attraktiven Finanzierungsmöglichkeiten“ zu erhalten, wie es in einem internen Memo heißt, das der „Krone“ und „News“ vorliegt. Eine Kapitalerhöhung durch alle Anteilseigner der Signa Holding soll den Einsturz des bereits bedrohlich schwankenden Kartenhauses noch einmal in letzter Sekunde abwenden.

Versuchte Benko, mit einem Taschenspielertrick sein Imperium zu retten? (Bild: Johannes Arlt / laif / picturedesk.com)
Versuchte Benko, mit einem Taschenspielertrick sein Imperium zu retten?

Einige von Benkos Miteigentümern lassen sich im Juli 2023 tatsächlich ein letztes Mal erweichen, der schlingernden Signa Holding weiteres Geld zuzuschießen. Geplant sind insgesamt 350 Millionen Euro. Zehn Prozent dieser Summe, 35 Millionen, so verspricht es Benko, werde aus seiner Familienstiftung an frischem Kapital fließen. Das Problem: Die Stiftung verfügt im Sommer 2023 gar nicht mehr über die Liquidität, diesen Betrag aufzustellen.

Was tun? Es folgt der älteste Taschenspielertrick, den klamme Finanzjongleure wohl seit Erfindung des Geldes anwenden: der Loch-auf-Loch-zu Trick. Gemeinsame Recherchen von „Krone“ und „News“ haben die Spur des Geldes verfolgt. Dabei wurde eine geradezu atemberaubende Kreisüberweisung aufgedeckt, mit der aus einem Kredit einer Signa-Tochter praktisch über Nacht angeblich frisches Eigenkapital für die Signa-Mutter wurde. 

35 Millionen Euro fließen ab
Einer Tochterfirma der Signa Holding wird Ende Juni 2023 die dringend benötigte Summe von 35 Millionen Euro entzogen. Überweisungsgrund: Ein Darlehen für eine andere Benko-Gesellschaft. Die 35 Millionen Euro werden über mehrere Konten und Gesellschaften auf die Reise geschickt: Erst zu einer Tochter von Benkos Laura Privatstiftung. Von dort weiter - ebenfalls als angebliches Darlehen - zur Familie Benko Privatstiftung, die zehn Prozent der Anteile an der Signa Holding hält. Bei der von Benko bei seinen Investoren noch einmal erbettelten Kapitalerhöhung von 350 Millionen Euro muss die Familie Benko Privatstiftung mit gutem Beispiel vorangehen und ihren versprochenen Anteil leisten: Just jene 35 Millionen Euro.

Die Stiftung zahlt die 35 Millionen wieder ein
Die Familie Benko Privatstiftung hatte laut vorliegenden vertraulichen Unterlagen Ende 2022 bloß noch wenige hunderttausend Euro Cash auf ihren Konten. Deshalb benötigte sie das 35 Millionen-Darlehen dringend, um Benkos Zusage, der Signa Holding 35 Millionen Kapital zur Verfügung zu stellen, überhaupt einhalten zu können. In Benkos Stiftung wird also das ursprünglich eigentlich aus dem Signa Konzern stammende Geld mit dem Etikett „frisches Eigenkapital“ versehen und der Signa Holding als oberster Konzerngesellschaft zur Verfügung gestellt. Also jener Konzern-Mutter, deren Tochter es vorher über diverse Darlehensverträge in einer Kreisüberweisung durch Benkos intransparentes Firmengeflecht entzogen worden war.

Benkos Unterschriften-Triumvirat: Steuerberaterin Karin Fuhrmann, „Unterschriftenaugust“ Marcus Mühlberger und Holding-Geschäftsführer Christoph Stadlhuber. (Bild: Krone KREATIV, picturedesk.com)
Benkos Unterschriften-Triumvirat: Steuerberaterin Karin Fuhrmann, „Unterschriftenaugust“ Marcus Mühlberger und Holding-Geschäftsführer Christoph Stadlhuber.

Dieser Taschenspielertrick in seinem Firmen-Reich der Finsternis war wohl René Benkos letzter verzweifelter Versuch, potenziellen Investoren und Kapitalgebern öffentlichkeitswirksam zu signalisieren, dass er noch immer das Vertrauen seiner bestehenden Investoren genieße. Tatsächlich hat er seine Signa-Holding-Partner mit dieser 350-Millionen-Kapitalerhöhung ein letztes Mal zum Bluten gebracht. 

Die beteiligten Benko-Vertrauten
Die offiziellen Kreditverträge zu diesem höchst dubiosen Geldkarussell wurden übrigens erst Wochen nach der Kreisüberweisung, konkret am 16. bzw. 17. August 2023 unterfertigt. Unterschrieben wurden sie von Benkos engsten Vertrauten: den Holding-Geschäftsführern Christoph Stadlhuber sowie Marcus „Unterschriftenaugust“ Mühlberger. Mittendrin: Signa-Finanzchef Manuel Pirolt, der praktischerweise auch in der einen Stiftung sitzt. Wie Mühlberger in der anderen, neben Benkos langjähriger Steuerberaterin von der TPA, Karin Fuhrmann. Laut Recherchen von „Krone“ und „News“ war René Benko in die Transaktionen involviert.

Obwohl einige der Signa-Investoren im Unterschied zu Benkos Stiftung im Juli 2023 tatsächlich noch einmal frische Millionen einbrachten, konnte die Signa Holding nicht mehr gerettet werden. Die Löcher waren bereits zu groß und nicht mehr zu stopfen: Wenige Monate nach der von Benko öffentlich gefeierten 350-Millionen-Kapitalerhöhung begann mit der ersten Signa-Insolvenz die Entzauberung des großen Taschenspielers und Blenders.

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