Die von der ÖVP angestoßene Debatte über eine österreichische Leitkultur sorgt für großen Wirbel in der Politik und im Netz. Mit besonders scharfer Kritik ließ Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser aufhorchen. Mit der Diskussion wolle die Volkspartei von echten Problemen ablenken, sagt sie.
Sie sei verwundert, dass man ausgerechnet in der Karwoche den Wahlkampf so hochspiele, so Moser im Ö1-„Mittagsjournal“. Eine Debatte um Leitkultur ist aus ihrer Sicht völlig überflüssig. „Wir haben in Österreich eine Wertebasis, auf der unsere Gesellschaft aufgebaut ist, die unser Zusammenleben leitet, und das sind die Menschenrechte.“
Sie sieht diese Debatte als Wahlkampfstrategie von Integrationsministerin Susanne Raab. „Und ich muss sagen, dass mich da als Diakonie-Direktorin, die auch Pfarrerin ist, schon, ja, verwundert, dass ausgerechnet in der Karwoche der Wahlkampf so hoch gespielt wird“, so Moser. Die ÖVP solle sich lieber um das Pflegeproblem kümmern.
Ebenso ein Ablenkungsmanöver sieht der Schriftsteller Michael Köhlmeier. „Leitkultur“ sei ein dummer Begriff. „Kein Mensch will in seiner kulturellen Vorstellung geleitet werden“, meinte er in den „Vorarlberger Nachrichten“. „Diejenigen, die am lautesten nach der Moral schreien, sind die, die sie am heftigsten brechen.“
Für Belustigung vor allem in den sozialen Medien sorgen die ÖVP-Sujets zur „Leitkultur“-Kampagne. Der einzige Experte für österreichische Leitkultur sei
Manfred Deix, heißt es etwa. Einige der ÖVP-Plakate werden umgebaut: Anstelle von Männern und Frauen in Tracht ist ein Parkplatz mit Autos zu sehen mit der Überschrift „Gemeinsam gegen die Natur. Das ist die Leit-Kultur.“
Kritik kommt auch von einem weiteren Religionsvertreter. Ausgerechnet der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, Oskar Deutsch, stößt sich am ÖVP-Plakat, welches die Weigerung muslimischer Männer, Frauen die Hand zu geben, anprangert.
Das ist sehr problematisch, sagt Deutsch. Händeschütteln sei „das denkbar schlechteste Kriterium für Aussagen über Misogynie“, denn religiöse Juden seien oft „Hüter der Berührung“. „Sie berühren ausschließlich ihren eigenen Partner oder Partnerin, aus Respekt gegenüber der Ehe und aus Respekt gegenüber dem anderen Geschlecht.“
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