Ich bin ein hochdisziplinierter Morgenmensch. Ich fröne nicht dem Klischee des Schriftstellers, der nachts – im Idealfall unter Alkoholeinfluss – gearbeitet hat und am Nachmittag aufsteht. So verlockend das wäre. Dank eines exakt 15 Minuten dauernden Morgenplanes sitze ich um Punkt 7 Uhr aber so was von ready an meinem Schreibtisch. Theoretisch jedenfalls, wenn nicht die Physik dazwischengeht.
Nach dem Weckerläuten um 6.45 Uhr springe ich ohne Zögern aus dem Bett – und zwar mit einem krächzenden „und Action“ auf den Lippen, wie ich es einmal in einem Mentalkurs gelernt habe. Dann mache ich mein Bett, weil der Mentalcoach gesagt hat, eine erste positiv erledigte Aufgabe beeinflusst den ganzen weiteren Tag. Dann geht es dynamisch unter die Dusche, danach noch dynamischer für Liegestütze auf die Gymnastikmatte. Dann mache ich mir mein Glas warmes Wasser mit Apfelessig, weil davon angeblich der ganze Rest in Schwung kommt. Dieser Mentalcoach hat echt ein Problem.
Und dann sitze ich – eine gut geölte Maschine – exakt 15 Minuten nach dem Aufstehen um punkt 07:00 vor meinem Laptop. Und was macht der? Zeigt 7:15 Uhr an. Jedes Mal! Was passiert da? In welchem Zeitloch verschwinden allmorgendlich die 15 Minuten? Wie habe ich mir in meiner eigenen Wohnung das physikalische Phänomen der Verwandtschaft von Raum und Zeit eingehandelt? Breitet sich Licht im Raum mit unterschiedlicher Geschwindigkeit aus, kann eine kurze Lücke in der Zeit entstehen, habe ich inzwischen gelernt. Normal sind es laut Wissenschaft so 40 Billionstel Sekunden, ich schaffe 15 Minuten.
Die fehlenden 15 Minuten
Meine geliebte Partnerin gibt dem Ganzen noch eine größere Dimension. Sie steht eineinhalb Stunden früher auf als sie muss, am Ende fehlen ihr die 15 Minuten aber genauso. Statt entspannt um 7.30 hetzt sie um 7.45 los und kommt die 15 Minuten zu spät zur Arbeit. Das ist aber dann schon nicht mehr ihre Schuld, sondern die der Autofahrer, die glauben, unbedingt zur gleichen Zeit wie sie fahren zu müssen und ihr sinnlos die Straße verstopfen.
Ich habe da für sie keine Lösung. Für mich sehe ich zwei Möglichkeiten: Ich trinke nachts und stehe am Nachmittag auf oder ich stelle den Wecker auf 6.30. Dann bin ich nach dem exakt 15-minütigen Morgenritual um 7 Uhr bereit. Das wäre natürlich Betrug , aber ich erzähle es ja keinem.
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