Die Staatsanwaltschaft Wien hat am Sonntag Untersuchungshaft gegen den mutmaßlichen russischen Agenten Egisto Ott sowie gegen seinen Ex-Schwiegersohn beantragt, wie sie gegenüber der „Krone“ bestätigt. Demnach besteht dringende Tatbegehungs- und Verdunkelungsgefahr.
Die Staatsanwaltschaft Wien wird im Verlauf des Tages beim Landesgericht für Strafsachen entsprechende Anträge gegen Egisto Ott und seinen Ex-Schwiegersohn einbringen. Über diese muss dann binnen 48 Stunden entschieden werden.
Handyinhalte an Russen übergeben?
Gegen Ott wird seit 2017 von der Wiener Anklagebehörde unter anderem wegen Amtsmissbrauchs, geheimen Nachrichtendiensts zum Nachteil Österreichs und Verletzung des Amtsgeheimnisses ermittelt. Der Festnahme vorangegangen waren jüngste Informationen, denen zufolge Ott Handyinhalte von Spitzenbeamten an russische Spione übergeben haben.
Sein Ex-Schwiegersohn, der als Beitragstäter gilt, wurde ebenfalls festgenommen. Beide wurden laut Bussek nach Abschluss ihrer polizeilichen Beschuldigteneinvernahmen zu den gegen sie gerichteten Vorwürfen am Samstagabend in die Justizanstalt Josefstadt eingeliefert.
Parteien schieben sich gegenseitig Verantwortung zu
Unterdessen versuchen die Parteien weiter, sich die politische Verantwortung für die mutmaßliche Spionage-Causa zuzuschieben. ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker will diese im Untersuchungsausschuss zum „rot-blauen Machtmissbrauch“ behandeln und diesen deshalb durch mehr Befragungstage verlängern. Unter anderem soll Ex-FPÖ-Mandatar Hans-Jörg Jenewein geladen werden, weil dieser etwa während des BVT-U-Ausschusses mit Ott ausführlich gechattet habe.
FPÖ sieht ÖVP „betont russlandfreundlich“
FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker wiederum wies dies zurück:“ Schon am ersten Tag wurde die ÖVP von der Verfahrensrichterin belehrt, dass die behauptete russische Einflussnahme kein Thema des U-Ausschusses ist“, so Hafenecker in einer Aussendung. Außerdem habe der „Spionage-Skandal seine Wurzeln im ÖVP-geführten Innenministerium seit der Ära von Ernst Strasser, beginnend mit dem Jahr 2000“. Dieses sei seit dem ehemaligen ÖVP-Innenminister „betont russlandfreundlich“.
Ott war in Kärnten, sein Ex-Schwiegersohn in Wien festgenommen worden. An den Adressen der beiden fanden auch Hausdurchsuchungen statt.
Verbindungen zu Jan Marsalek
Ott war Mitarbeiter des mittlerweile aufgelösten Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). Zuletzt war er im Zusammenhang mit dem flüchtigen Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek in die Schlagzeilen geraten, dem er beim Aufbau einer Spionage-Zelle für Russland innerhalb des BVT behilflich gewesen sein soll.
Ott soll - gemeinsam mit dem ehemaligen BVT-Abteilungsleiter Martin Weiss – für Marsalek bzw. Russland Informationen beschafft haben, wobei er auf seine früheren Tätigkeiten als Verfassungsschützer und Polizeiattaché zurückgreifen konnte. Dem deutschen Nachrichtenmagazin „Spiegel“ zufolge soll es sich um Informationen über in Europa lebende Journalisten und einen kasachischen Oppositionspolitiker gehandelt haben.
Hinweise aus Großbritannien führten zu Festnahme
Zur Festnahme geführt hatten Hinweise aus Großbritannien, Ott habe im Sommer 2022 die gespiegelten Inhalte von Smartphones dreier (Ex-)Spitzenbeamter aus dem Innenministerium an russische Geheimdienste – mutmaßlich an den Inlandsgeheimdienst FSB – übermittelt.
Bei den gestohlenen Smartphones soll es sich um die Geräte von Michael Kloibmüller, der jahrelang Kabinettschef im Innenministerium war, den nunmehrigen Bundespolizeidirektor Michael Takacs sowie von Gernot Maier, Direktor des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, handeln. Für Ott gilt die Unschuldsvermutung.
Brisante Infos auf „versenkten“ Handys
Die drei Handys waren 2017 „Opfer“ eines Unfalls geworden. Bei einem Ausflug des Innenministeriums war ein Kanu gekentert, die Smartphones fielen ins Wasser. Daraufhin wurde ein IT-Techniker des Verfassungsschutzes gebeten, die Diensthandys zu reparieren. Der fertigte offenbar Kopien der Geräte an und gab sie an Ott und andere weiter.
Chats aus dem Smartphone von Kloibmüller gelangten auch an die Staatsanwaltschaft und an Medien. Sie führten wegen des Verdachts der Postenkorruption zu Ermittlungen gegen Kloibmüller und Ex-Innenminister Wolfgang Sobotka, wobei das Verfahren gegen letzteren bereits eingestellt wurde.
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