Der untergetauchte Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek hat nun über Umwege auch Ex-Verfassungsschützer Egisto Ott in U-Haft gebracht. In von britischen Behörden sichergestellten Chats mit einem in Großbritannien festgenommenen russischen Spion werden Ott und dessen ehemaliger Vorgesetzter im BVT, Martin Weiss, schwer belastet.
Die Chats wurden zusammen mit mehreren Berichten – der letzte langte am 13. März ein – aus Großbritannien der Staatsanwaltschaft Wien übermittelt. Aus ihnen geht hervor, dass Ott „systematisch“ den russischen Geheimdienst mit geheimen, streng vertraulichen Tatsachen und Erkenntnissen aus dem Verfassungsschutz sowie personenbezogenen Daten aus Polizeidatenbanken versorgt haben dürfte. Darauf stützt die Staatsanwaltschaft jedenfalls ihre Festnahmeanordnung.
„Evakuierung“ von Ex-BVT-Abteilungsleiter nach Dubai orchestriert
Aus dieser geht hervor, dass Weiss als Leiter der Spionageabteilung beim mittlerweile aufgelösten BVT (Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung) engen Kontakt zu Marsalek und dem nunmehr in Großbritannien inhaftierten Spion Orlin R. hatte. Weiss wird als „Ansprechpartner und Auftraggeber“ Otts bezeichnet. Marsalek, der für den russischen Geheimdienst tätig sein soll, bezeichnet in einem Chat mit R. Weiss als „unseren Freund“ und legt dar, er habe dessen „Evakuierung“ nach Dubai organisiert. Dort ist Weiss vor dem Zugriff österreichischer Behörden sicher, weil es kein Auslieferungsübereinkommen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten gibt.
Handy-Übergabe in Wiener Wohnung von Otts Ex-Schwiegersohn
Aus den Chats ergibt sich weiters, dass am 10. Juni 2022 in der Wiener Wohnung des Ex-Schwiegersohns von Ott brisante Unterlagen an von Marsalek beauftragte Männer zum Transport nach Moskau übergeben wurden. Es handelte sich um die gespiegelten Handys dreier Spitzenbeamter des Innenministeriums. Die Handys waren 2017 „Opfer“ eines Unfalls geworden. Bei einem Ausflug des Innenministeriums war ein Kanu gekentert, die Smartphones fielen ins Wasser. Daraufhin wurde ein IT-Techniker des Verfassungsschutzes gebeten, die Diensthandys zu reparieren.
Die Geräte landeten in weiterer Folge bei Ott. Dieser soll schon im Herbst 2019 erfolglos versucht haben, sie auswerten zu lassen, sie wieder zurückbekommen und schließlich in der Wohnung seines Ex-Schwiegersohns dem russischen Geheimdienst bereitgelegt haben. Am 12. August 2022 – knapp zwei Monate nach der Übergabe der Geräte – soll dann an derselben Adresse ein von Marsalek entsandter Kurier eine nicht näher bekannte Menge an Bargeld überbracht haben – offenbar die Gegenleistung für die Handys.
„Schmutzwäsche-Typen“ brachten 20.000 Euro für Laptop-Unterlagen
Im selben Jahr tauchten dann noch einmal dem russischen Geheimdienst zuzurechnende Männer an der Adresse von Otts Ex-Schwiegersohn auf. Sie sollen dort am 19. November 2022 einen Laptop mit geheimen, nicht für die Öffentlichkeit bestimmten Unterlagen erhalten und dafür 20.000 Euro bezahlt haben. In den Marsalek-Chats ist von „laundry guys“ (Schmutzwäsche-Typen) die Rede, die im Auftrag Marsaleks das Geld nach Wien gebracht haben sollen. Der Laptop soll, wie Marsalek Orlin R. mitteilte, „nach Lubyanka“ gebracht worden sein – der Sitz des russischen Inlandsgeheimdiensts FSB.
Ott wiederum soll bei der Informationsbeschaffung für Marsalek bzw. den russischen Geheimdienst polizeiliche Datenbanken systematisch abgefragt und einen wahrheitswidrigen Bezug zum BVT behauptet haben. Er soll dabei unter Ausnützung von Rechtshilfeersuchen britische und italienische Quellen „angezapft“ haben. Ott bestreitet alle Vorwürfe, das Landesgericht Wien geht allerdings von dringendem Tatverdacht und Tatbegehungs- und Verdunkelungsgefahr aus. Am Montag wurde über ihn die U-Haft verhängt.
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