Album „A La Sala“

Khruangbin: Weltmusik im sommerlichen Dämmerlicht

Musik
07.04.2024 09:00

Mit vornehmlich instrumentalen Klängen zwischen Dub, Funk, Trip-Hop und psychedelischer Ausuferung begeistert das US-Trio Khruangbin seit geraumer Zeit die Massen. Mit dem vierten Album „A La Sala“ kommt die Band diesen Sommer erstmals nach Österreich – und sorgt garantiert für den gemütlichsten Dämmerschoppen der Saison.

(Bild: kmm)

In einer durch und durch deklinierten und auserklärten Welt ist es schwierig, sich auf Dinge einzulassen, die sich außerhalb gewöhnlicher Kenntnisbereiche befinden. Algorithmen, Gewohnheiten, Radiostationen und gängige Playlists befassen sich mit Schablonen und Schubladisierungen, die sich im Endeffekt auf gängige Grundpfeiler berufen. Freilich bricht Musik gerne aus diesen festgezurrten Schemen aus, aber wenn dem der Fall ist, vermag sie nur in den seltensten Fällen aus einem elitären und versteckten Untergrundbereich hervorzustechen. Eine dieser seltenen Ausnahmen hört auf den klingenden Namen Khruangbin, stammt aus dem texanischen Houston und ist seit knapp 15 Jahren als Drei-Personen-Besetzung unterwegs. Mit ständig steigendem Erfolg, immensem Talent und wohl auch dem nötigen Glück für das richtige Timing, das man unbedingt braucht, wenn man mit ungewohnten Klängen den Markt erobert.

Von der Scheune in die Arenen
Gitarrist Mark Speer und Schlagzeuger Donald „DJ“ Johnson lernten sich vor exakt 20 Jahren in einer Gospel-Band für die örtliche Methodisten-Kirche kennen, drei Jahre später kam Laura Lee Ochoa an Bord, die Speer über die gemeinsame Liebe zu afghanischer Musik und arabischer Architektur kennengelernt hat. Die mit Gitarre und Piano sanft vertraute Ochoa lernte mit Speer das Bassspiel, übte sechs Monate lang intensiv und wurde mit diesem Instrument in die Band integriert. Schon 2010 tourte man – noch ohne Johnson – im Vorprogramm von Bonobo und entfachte nebenbei den Geist für ein neues Projekt. Die Mischung aus schweren Bass- und psychedelischen Gitarrenklängen mischte man wenig später mit Johnsons simplen Drum-Breakbeats, während mit in einer Scheune in einem kleinen 300-Einwohner-Örtchen von Texas akribisch und frei von sämtlichen Vorlagen an den ersten Songs arbeitete.

Den ungewöhnlichen Bandnamen brachte Ochoa aufs Parkett, weil sie gerade die Thai-Sprache erlernte und Khruangbin (zu Deutsch: „Flugzeug“) ihr Lieblingswort war. Erst Jahre später sollte Mark Speer in einem Interview zugeben, dass man sich wohl für einen simpleren Begriff entschieden hätte, hätte man den breitenwirksamen Erfolg des Projekts auch nur annähernd vorhergesehen. Mit dem 2015 veröffentlichten Debütalbum „The Universe Smiles Upon You“ wurde das Trio vom renommierten „Guardian“ schnell zur „Band Of The Week“ erklärt und Gigs im Vorprogramm von Größen wie Father John Misty, Massive Attack oder beim Glastonbury Festival folgten auf dem Fuß. Der Sound war in der Band-Frühzeit noch stark von 60s-Thai-Klängen inspiriert und entfaltete sich auf den folgenden Alben „Con Todo El Mundo“ (2018) und dem erstmals vom instrumentalen Richtung Stimme gehenden „Mordechai“ (2020) zu einer bunten Gemengelage an unterschiedlichen Stilen.

In der Tat Weltmusik
Im sonnendurchtränken Klangkorsett ist der Terminus „Weltmusik“ weit mehr als eine grobe Begrifflichkeit zur primären Einordnung. Ostasiatischer Surf-Rock, persischer Funk, jamaikanischer Dub, psychedelische Rock-Referenzen, Tash-Sultana-Gedenk-Meeresklänge und eine kräftige Portion herzhafter Soul finden Zugang in der wild gemischten, aber immer eingängigen und nachvollziehbaren Klangwelt der Amerikaner. Neben dem klanglichen Eklektizismus überraschen Speer und Ochoa auch mit exzentrischem Bühnengehabe. Um eine Art von Personenkult gar nicht erst aufkommen zu lassen, tragen die beiden Frontmusikerinnen gerne schwarze Perücken, während sich Drummer Johnson ohnehin geschickt hinter seinem Kit versteckt. Die Musik steht bei Khruangbin stets im Vordergrund und wird nicht von äußeren Effekten abgelenkt. Das ist vielleicht auch ein Grund, warum der Gesangsanteil auf dem neuen Album „A La Sala“ wieder zurückgedreht wurde.

Das Viertwerk trumpft einmal mehr mit malerischen Klanglandschaften auf, die sich trotz aller Freude zum Experiment niemals einer hörbaren Nachvollziehbarkeit entziehen. Wie schon bei „Con Todo El Mundo“ zitiert Laura Lee Ochoa auch mit dem neuen Albumtitel familiäres. „A La Sala“ war ihr Ausruf als Kind, wenn sie ihre Verwandten im Wohnzimmer versammelt haben wollte. Mit diesem spielerischen Zugang zu einer warmen Nostalgie sind auch die einzelnen Songs verbunden. Khruangbin verzichten – wohl auch wegen der großen Erfolge und der steigenden Selbstsicherheit – erstmals völlig auf Gäste und kreieren eine Akustik, die sich nur mehr in nuancierter Psychedelik bewegt, aber ansonsten lieber die Ungezwungenheit eines selbsterlebten Highway-Roadmovies zentriert. Das Album wird vom Opener „Fifteen Fifty-Three“ bis zum Closer „Les Petits Gris“ vom abendlichen Grillenzirpen im Naturgarten ummantelt und bietet dazwischen eine reichhaltige Palette an Wellness für die Ohren an.

Seelentherapie im Klangschalengewand
Zwischen der westafrikanischen Disco und spielerischen Ambient-Kaskaden setzt sich nur mehr selten eine Stimme ins Zentrum des Tuns, was dem Vibe der Platte irrsinnig guttut. War „Mordechai“ bislang auch Khruangbins erfolgreichstes Album, mit „A La Sala“ findet die in puncto musikalische Fertigkeiten als auch Budgetmittel zulegende Band wieder zurück ins trippig-chillige Klangwasser der beliebten Vorgängerwerke. Zwischen all den träumerischen, fabulierenden Liedern fehlt es „A La Sala“ im Großen und Ganzen aber doch an einer gewissen Stringenz. Einem musikalischen Leitbild, das neben der sanft plätschernden Theatralik auch mal etwas Zwingendes und Forderndes aufzubieten hat, um zumindest kurz die gefühlte Beschaulichkeit eines elegischen Teekränzchens durchbrechen zu können. Khruangbin liefern in Musik gegossene Seelentherapie im Klangschalengewand, wissen dies aber in einer beneidenswerten Entspanntheit zu exerzieren. Und ganz ehrlich: Krach gibt es schon genug auf dieser Welt.

Live in Wien
Am 17. Juli werden Khruangbin mit „A La Sala“ und den besten Hits der letzten Jahre erstmals in Österreich zu sehen – und zwar in der Wiener Metastadt. Unter www.oeticket.com gibt es noch Karten für das Open-Air-Ereignis, bei dem auch Parcels und Lukas Oscar für einen entspannt-sommerlichen Abend sorgen werden.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare
Eingeloggt als 
Nicht der richtige User? Logout

Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.



Kostenlose Spielechevron_right
Vorteilsweltchevron_right