„Kein Mampf“

Wie ein Wiener aus „Mein Kampf“ ein Kochbuch macht

Wien
04.04.2024 11:00

Es gilt als das „böse Buch“ schlechthin: Hitlers „Mein Kampf“ ist neben der Bibel das wohl meist verbreitete deutsche Buch – das bis heute immer wieder für heftige Diskussionen sorgt. Unter dem Titel „Kein Mampf“ zerschneidet der Künstler und Grafiker Andreas Joska-Sutanto seit 2016 Hitlers Buch in seine einzelnen Buchstaben, um diese wieder zu Kochrezepten zusammenzusetzen. Mit dem Zerschneiden der Hundertsten Seite ist nun ein Viertel des durchaus provokanten Projektes abgeschlossen. Dazu lädt der Künstler am Donnerstag in Wien zu einer Präsentation ein.

Jeder glaubt, „Mein Kampf“ zu kennen. Kaum einer hat das dunkle Symbol des Nationalsozialismus gelesen. Die Urheberrechte sind mit dem 70. Todestages von Adolf Hitler ausgelaufen, seit 1. Jänner 2016 darf theoretisch jeder „Mein Kampf“ drucken. Heute gibt es eine überaus erfolgreiche kommentierte Ausgabe – damit wollen die Historiker das Nazi-Pamphlet mit Fakten bekämpfen.

(Bild: Anita Joska)

Einen ebenfalls legalen, wenn auch etwas provokanteren – für manche möglicherweise verstörenden – Zugang der Auseinandersetzung mit Hitlers „bösem Buch“ hat der Wiener Künstler Andreas Joska-Sutanto für sein Projekt gewählt. Er zerschneidet seit 2016 „Mein Kampf“ in seine einzelnen – 1,57 Millionen um genau zu sein – Buchstaben und setzt diese in mühevoller Kleinstarbeit wieder zu einem Kochbuch zusammen.

„Humoriger Titel ist nur Mittel zum Zweck“
Für den Wiener gilt: Nichts macht Hitler kleiner als ein guter Witz über ihn. „Das Projekt ist ein Honeypot. Ich will die Betrachter dazu bringen, sich wieder mit dem schwierigen Thema des Dritten Reiches und dem damit verbundenen Elend zu beschäftigen. Der humorige Titel ist dabei nur Mittel zum Zweck“, erklärt Andreas Joska-Sutanto die Hintergründe des Projekts, das bereits mit dem Franzl-Design-Award prämiert wurde. 2018 waren 20 Rezepte aus „Kein Mampf“ zudem im Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes in Wien im Alten Rathaus gezeigt worden.

(Bild: Andreas Joska-Sutanto)

Der ungewöhnliche Zugang werfe jedenfalls ein neues Licht auf ein Thema, mit dem sich viele nach der Schule nicht mehr beschäftigen wollen. Gerade in einer Zeit, in der in Europa wieder Krieg geführt wird, erhält die Veranstaltung nach Ansicht des Wiener Künstlers eine besondere Brisanz. Joska-Sutanto weiter: „Als 2015 das Copyright für ‘Mein Kampf‘ auslief, kam in mir der Wunsch auf, das Buch zu zerschneiden. Ich möchte mit diesem Projekt darauf aufmerksam machen, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, in Frieden zu leben und dass wir als Gesellschaft aufpassen müssen, nicht die gleichen Fehler wie damals zu begehen“.

Ein Viertel des Projekts abgeschlossen
Am Donnerstag, 4. April, ab 18:00 wird nach 8 Jahren mit dem Zerschneiden der Hundertsten Seite ein Viertel des Projektes abgeschlossen. Dazu lädt der Künstler ins LOT in der Ankerbrotfabrik, Absberggasse 31, 1100 Wien. Der Eintritt ist frei, Spenden kommen dem Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes zugute.

Die Frage, ob der Wiener Künstler mit seinem Hitler-Kochbuch „zu weit geht“, hatten übrigens 2018 nur 30% der krone.at-Leser bei einer Online-Umfrage mit Ja beantwortet. 70 Prozent, und somit eine deutliche Mehrheit der User, verneinten dies.

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