Nirgendwo sicher

Putins Schergen verfolgen Kritiker bis Armenien

Ausland
05.04.2024 10:43

Seit Beginn des großen Angriffskrieges gegen die Ukraine und der vom Kreml veranlassten Teilmobilmachung sind viele Russen ins Ausland geflüchtet. Sie stellten sich damit gegen das Moskauer Regime und die von ihm eingetrichterte Vorstellung von Patriotismus, wonach man für sein Heimatland morden müsse. Doch mittlerweile fühlen sich viele von ihnen nirgendwo mehr sicher.

Selbst zwei Jahre später können viele Russen nicht beschreiben, wie sich der 24. Februar 2022 (der Beginn des Ukraine-Krieges, Anm.) für sie anfühlte. Ein heute in Wien lebender Regimegegner meint etwa, dass an dem Tag alle Hoffnungen, dass sich das Land doch noch „einkriegen“ und alles gut würde, geplatzt seien. Für ihn gebe es ein Russland vor dem Ukraine-Krieg und ein sehr trauriges danach.

Dass er heute in Wien seinen Lebensmittelpunkt habe, sei ein riesiges Privileg, zeigte er sich gegenüber krone.at. dankbar. Viele Russen schafften es jedoch nicht bis nach Westeuropa – sie leben heute etwa in den Ex-Sowjetrepubliken Armenien und Georgien. Doch wie mittlerweile immer mehr durchsickert, dürfen sie sich dort nicht in Sicherheit wiegen.

In den vergangenen Wochen würden Putin-kritische Russen in Armenien verfolgt, warnt die internationale Organisation Helsinki Citizens‘ Assembly. Aus dem kriegstreibenden Land Geflüchtete verrieten den Menschenrechtlern nämlich, dass sie in russische Militäruniform gekleidete Männer an ihren neuen Wohnadressen offen verfolgen und sich dafür interessieren würden, wie sie in ihrer heutigen Heimat leben.

Bei ihren Einsätzen würden sie in einem nicht zugelassenen Auto mit armenischem Kennzeichen durch die Gegend fahren, das „ausschließlich für operative Geheimdienstoperationen“ bestimmt sei. Laut den Aktivisten ist für eine solche Überwachung die Zustimmung der Generalstaatsanwaltschaft oder anderer Strafverfolgungsbehörden Pflicht. Auch behauptet Helsinki Citizens‘ Assembly, dass nicht nur Russen verfolgt würden – auch Armenier, die eine kritische Sicht auf Putin und seine Politik hätten, gerieten zunehmend in den Fokus.

Geflüchteter nach Russland ausgeliefert
Generell ist die Stimmung seit der Verhaftung von Dmitri Setrakow in Armenien durch die russische Militärpolizei im Dezember des Vorjahres angespannt. Der Mann war im April aus der Armee desertiert und hatte Russland im November verlassen, da er nicht in der Ukraine kämpfen wollte. Nach seiner Festnahme wurde der Geflüchtete nach Russland ausgeliefert.

Der armenische Ministerpräsident Nikol Paschinjan zeigte sich darüber aufgebracht und bezeichnete das Vorgehen der russischen Sicherheitskräfte im Land als illegal. Nach wie vor ist unklar, wo sich Setrakow aufhält und ob er überhaupt noch am Leben ist.

Setrakows Ehefrau schilderte dem Online-Portal „Cholod“, dass sie ihren Mann auf keinen Fall für seine Entscheidung, Russland zu verlassen, verurteile und hinter ihm stehe: „Er ist kein Krieger, er ist ein herzensguter Mensch. Er ist nicht einer von jenen, die Menschen töten können und die der Tod von Kameraden einfach kaltlässt.“

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