Naziflaggen am Ring

Schockaktion: „Hitler“ steht am Burgtheater-Balkon

Kultur
05.04.2024 12:21

Das Burgtheater rot beflaggt, Militärmusik, die über den Ring schallt, und ein „Hitler“, der sich in Dauerschleife an die vorbeigehenden Menschen wendet: Das „Abschiedsgeschenk“ von Direktor Martin Kušej schockt. Ebenso seine letzten Worte an die Wiener ...

„Ich gebe dich der braunen Brut in Wien als mein Abschiedsgeschenk“, zitiert Aktionskünstler Flatz den scheidenden Burgtheaterchef Kušej. Und dieses Geschenk hat es in sich: Erst läutet ein Zapfenstreich, bei dem zwei Bläser „Ich hatt’ einen Kameraden“ und „Junge, komm bald wieder“ spielen, die Persiflage auf Hitlers „Perlenrede“ ein. Die hielt dieser vor 86 Jahren vom historischen, eigens für ihn erbauten und noch immer bestehenden Balkon am Wiener Rathaus – gleich gegenüber vom Haus am Ring.

Die Kunstinstallation (hier als Fotomontage) wird am Samstagabend eröffnet. (Bild: Burgtheater, Krone KREATIV, Fotomontage)
Die Kunstinstallation (hier als Fotomontage) wird am Samstagabend eröffnet.

Der Balkon wurde für die Installation am Burgtheater nachgebaut und mit zehn roten Fahnen beflaggt. Das Vorbild ist klar erkennbar, doch prangt statt eines Hakenkreuzes in der Mitte der Kopf der deutschen Dogge „Hitler“ – des 1998 verstorbenen Hundes des Aktionskünstlers. Und sollte das noch nicht genug Aufmerksamkeit erregen, grüßt über dem Balkon „Hitler“ in Dauerschleife und Dreifachausfertigung.

Bibiana Beglau grüßt als Hitler vom Burgtheater. (Bild: Burgtheater)
Bibiana Beglau grüßt als Hitler vom Burgtheater.
Im Stück spielen Menschen Schäferhunde. (Bild: Burgtheater/Christine Miess)
Im Stück spielen Menschen Schäferhunde.
Der Nachbau-Balkon am Burgtheater, das Original prangt gegenüber vom Wiener Rathaus. (Bild: Burgtheater)
Der Nachbau-Balkon am Burgtheater, das Original prangt gegenüber vom Wiener Rathaus.

In die Rolle des Diktators schlüpft Bibiana Beglau, die selbst auch in Flatz‘ Stück auf der Bühne steht. Bei Proben war unter anderem zu sehen, wie Menschen Hunde spielen. „Ich wollte echte Schäferhunde, das ist aber der Bürokratie des Hauses zum Opfer gefallen“, so der Aktionskünstler, dessen Aufführung selbst in der Kulturbranche nicht unumstritten ist. „Ich weiß erst seit drei Wochen, dass es klappt. Der Einzige, der Eier gehabt habt, war Kušej. Wäre er nicht gewesen, wäre das Stück sicher nicht gekommen“, so Flatz.

Hitlers „Perlenrede“

„Perlenrede“ wird die Rede, die Adolf Hitler am „Tag des Großdeutschen Reiches“ am 9. April, dem Vortag der „Volksabstimmung“ zum „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich 1938, im Festsaal des Wiener Rathauses hielt, dank einer kurzen Passage genannt, in der er Wien hervorhob: „Diese Stadt ist in meinen Augen eine Perle – ich werde sie in jene Fassung bringen, die dieser Perle würdig ist …“

Breite Aufmerksamkeit ist der Installation, mit der Flatz Hitlers Rede und die Reaktion der österreichischen und Wiener Politik darauf der Lächerlichkeit preisgeben will, auf jeden Fall sicher: Genau gegenüber tummeln sich am Wochenende Tausende Wiener und Touristen beim Steiermark-Frühling am Rathausplatz ... 

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