Auf der Suche nach dem Schuldigen für die Leitkultur-Kampagne: Niemand in der ÖVP will verantwortlich sein.
Wenn etwas gehörig schiefgeht, dann putzen sich alle ab. So ähnlich ist derzeit die Stimmung im Bundeskanzleramt. Seit der Auftakt zur Agenda Leitkultur zur Peinlichkeit mit Schweinsschnitzel mit Preiselbeeren, Blasmusik und Maibaumaufstellen wurde, will niemand im Kanzleramt für den Fauxpas verantwortlich sein. Der Grund: Den „Leit“-Schmäh – „Leit“ für „Leute“ – hatte niemand verstanden, und die abschätzige Multikulti-Formulierung erinnerte an FPÖ-Kampagnen vor 20 Jahren.
Raab fühlt sich nur für Expertenrat verantwortlich
Wegen des „unsäglichen Sujets“ verweigert dann auch der Soziologe und Politikberater Kenan Güngör, Mitglied von Raabs „Leitkultur“-Expertenrat zu sein. ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker musste eingestehen, dass die Sujets misslungen waren. Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) möchte kein Porträtfoto von ihr in Verbindung mit dem Leitkultur-Sujet sehen, weil sie, so ihr Pressesprecher, nicht dafür verantwortlich war. Die Ministerin sei nur für den Expertenrat zuständig, heißt es aus dem Kabinett von Raab.
Sprich, die Debatte um die Leitkultur war ein Rohrkrepierer, bevor sie richtig in die Gänge kam. Wie die „Krone“ erfuhr, soll auch ÖVP-Kanzler Karl Nehammer „ziemlich angefressen gewesen sein, weil es nicht sein Stil ist“, so ein Insider. Die Freigabe-Linien seien im Kanzleramt nicht eingehalten worden. „Am Ende wird es am Social-Media-Team hängen bleiben, weil keiner Verantwortung übernehmen will“, so ein Insider.
Wie konnte der Fauxpas der ÖVP passieren? Die Sujets schauen zwar wie eine ÖVP-Kampagne aus, tatsächlich waren sie nur als sogenannte Sharepics für die sozialen Medien konzipiert. Daher scheint es keiner Freigabe durch den Kanzler bedurft zu haben. Unter Sharepic versteht man eine Text-und-Bild-Kombination, die emotional berührt und im Idealfall gerne und häufig in den sozialen Medien geteilt wird.
Nicht das erste Mal, dass eine Social-Media-Kampagne einen enormen Schaden anrichtete.
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