„Krone“-Kommentar

Der deutsche Bundeskanzler und das Zitierverbot

Politik
06.04.2024 06:30

Edtstadler gegen Zadic. Das Match um ein Zitierverbot ist 0:1 für die Grünen ausgegangen. Ist das wirklich im Sinne der Pressefreiheit, wie die Justizministerin vorgibt?

Zwei Gedankenspiele. 
Gäbe es das Zitierverbot in Deutschland NICHT, dann wäre Olaf Scholz vermutlich nie Bundeskanzler geworden. Gegen ihn gab es Vorermittlungen wegen des Verdachts auf Untreue im Zusammenhang mit seiner Rolle im Hamburger Cum-Ex-Skandal. Drei Wochen vor der Bundestagswahl wurde das Verfahren eingestellt. Erst dadurch erfuhr die Öffentlichkeit davon.

Ohne Zitierverbot, wie es in Deutschland gilt, wäre Olaf Scholz (SPD) nicht Regierungschef geworden. (Bild: AFP)
Ohne Zitierverbot, wie es in Deutschland gilt, wäre Olaf Scholz (SPD) nicht Regierungschef geworden.

Gäbe es das Zitierverbot in Österreich SCHON, dann hätten Zitate wie „Du bist Familie“ oder „Mitterlehner ist Arsch“ nie den Weg an die Öffentlichkeit, auf Kabarett- und Theaterbühnen gefunden. Dann wäre der Ruf von Personen, denen schuldhaftes Verhalten vorgeworfen wurde, nicht ruiniert worden, noch bevor es überhaupt zu einer Anklage kam.

Menschenrechte gelten auch für Beschuldigte. Der Satz „Es gilt die Unschuldsvermutung“ ist aber immer öfter eine Schuldvermutung.

Auch ohne die „Hure der Reichen“ hätte die österreichische Justiz ermittelt. Es wäre zu Einstellungen von Verfahren oder zu Anklagen gekommen. Über den Tatbestand hätten Journalisten natürlich trotzdem berichtet.

Wie in Deutschland. Dort arbeiten hervorragende investigative Kolleginnen und Kollegen und decken Skandale auf. Ganz ohne knackige Zitate oder gar private Details aus Ermittlungsakten. Und es gibt sie trotzdem – Persönlichkeitsschutz und Pressefreiheit.

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