Migrationsforscherin:

EU-Asylpakt „setzt zu spät, nicht bei Ursachen an“

Politik
10.04.2024 22:46

Am Mittwoch wurde eine Reform des EU-Asylsystems beschlossen, die unter anderem leichtere Abschiebungen vorsieht. Das sei weder ein „großer Durchbruch“ noch „zukunftsweisend“, sagte Migrationsforscherin Judith Kohlenberger jetzt im „ZiB 2“-Interview. Der Pakt setze erst an, wenn Menschen bereits an den Grenzen stünden.

Das sei zu spät. Um an eine EU-Grenze zu kommen, hätten die Asylwerberinnen und Asylwerber bereits ein hohes persönliches Risiko auf sich genommen. Hinzu kämen finanzielle Ausgaben und körperliche Anstrengung. Ein EU-Asylsystem müsse für beide Seiten Schutz und Sicherheit bieten und resilient sein, da noch weitere Fluchtbewegungen folgen würden. Viele Politikerinnen und Politiker würden sich das aber nicht sagen trauen, hielt Kohlenberger fest, die an der Wirtschaftsuniversität Wien arbeitet.

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Staaten wollen sich gegenseitig Flüchtlinge zuschieben.

Migrationsforscherin Judith Kohlenberger im „ZiB 2“-Interview

„Faire Verteilung von Druck“
Im Interview mit Moderator Armin Wolf sprach sie von „Druck im System“, der fair verteilt werden solle, und einer „Politik des Sterbenlassens an den Grenzen.“ Der neue EU-Asylpakt liefert ihr nach keine Antworten auf diese Fragen. Vermutlich habe vor den Wahlen im Juni noch schnell eine Einigung geschaffen werden sollen.

Dass jeder EU-Staat ein eigenes Asylsystem hat, hält die Forscherin aber für keinen Weg. Österreich habe bereits jetzt durch unterschiedliche Regelungen in den einzelnen Bundesländern einen „Fleckerlteppich.“ Als weiteren Punkt führte Kohlenberger an, dass es schon viele geltende Regeln zu Asyl gebe, diese aber häufig nicht umgesetzt würden, etwa in Ungarn. „Staaten wollen sich gegenseitig Flüchtlinge zuschieben.“

Reguläre Form auch konsensfähig?
Dabei differenziert die Forscherin zwischen Menschen, die beispielsweise vor Krieg flüchten, und Arbeitsmigrantinnen und Arbeitsmigranten. Derzeit seien viele Menschen im Asylsystem, die hier gar nicht hingehörten, aber auch Arbeitsmigrantinnen und -migranten kämen mit ihrer Familie. Kohlenberger nach braucht es eine reguläre Form der Zuwanderung für sie und das sei auch konsensfähig. Auf diese Weise könnten zum Beispiel große demografische Krisen ernst genommen werden.

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