23 Prozent aller Lawinenunfälle enden tödlich. Die Überlebenschance scheint demnach auf den ersten Blick relativ hoch. Doch nach 15 Minuten sinkt sie bereits rapide.
Es beginnt mit einem leisen Knistern, einem kaum wahrnehmbaren Zittern unter den Schneemassen. Dann beginnt die Lawine ihr gewaltiges, tödliches Ballett hoch oben in den Alpen und reißt auf dem Weg hinunter alles mit sich.
Erst am Dienstag war es in Tirol am Bärenkopf zu solch einem Naturschauspiel gekommen, bei dem eine sechsköpfige Wandergruppe von einer Gletscherlawine verschüttet worden war. Ein 19-Jähriger verlor dabei sein Leben.
Am Donnerstag ging in Tirol erneut eine Lawine ab, bei der wieder mehrere Todesopfer zu beklagen sind. Eine holländische Tourengruppe wurde dabei vom Schnee begraben.
Die frühsommerlichen Temperaturen lassen den Schnee dort oben schmelzen und somit die Gefahr für sogenannte Nassschnee-Lawinen rasant steigen. Die Wahrscheinlichkeit, ein Lawinenunglück zu überleben, ist auf den ersten Blick recht hoch. Schließlich enden laut Statistik nur 23 Prozent tödlich. Während die Todesrate bei teilverschütteten Lawinenopfern bei rund vier Prozent liegt, ist sie bei Komplettverschütteten mit 52,4 bedeutend höher.
Hände vor Gesicht
Die Überlebenschance nimmt laut Experten aber mit Dauer der Verschüttung diskontinuierlich ab. Nach 15 bis 20 Minuten gibt es einen steilen Abfall der Überlebenskurve. Mit jeder Sekunde ohne Sauerstoffzufuhr drohen dem Gehirn mehr Schäden. Hält die Unterbrechung länger an, entstehen Schäden am Hirngewebe, und Hirnzellen werden unwiederbringlich zerstört. Die Schäden können so schwer sein, dass das Gehirn seine gesamten Funktionen einstellt. Und das geschieht bereits nach mehr als fünf Minuten ohne Sauerstoff: Die Gehirnzellen beginnen abzusterben.
Wie verhaltet man sich also am besten, wenn man unter eine Lawine kommt? Die Hände in Gesichtsnähe zu haben, wäre das Optimum. Denn die Grundvoraussetzung für das Überleben in der ersten Phase sind freie Atemwege. Das Vorhandensein einer Atemhöhle ist ein zusätzliches Plus, die man sich durch die Hände vor dem Gesicht schaffen kann.
Vorsicht bei Bergung
Neue Analysen zeigen außerdem, dass auch die Schneedichte eine Rolle bei Lawinenunfällen spielt, insbesondere in kontinentalen Klimazonen wie den Alpen. Erfahrungen aus den Alpen zeigen, dass Überlebenschancen im Frühjahr mit feuchtem Schnee schneller abnehmen. Darüber hinaus hat die Zahl der Todesfälle zugenommen, da Wintersportler vermehrt in steilem und felsigem Gelände unterwegs sind.
Es wird empfohlen, Lawinenopfer, die länger als 60 Minuten verschüttet sind und eine Körperkerntemperatur unter 30 Grad haben, vorsichtig zu bergen und primär gegen Unterkühlung zu behandeln. Unterkühlte Opfer haben bei einem Herzstillstand eine bessere Überlebenswahrscheinlichkeit während und nach der Reanimation. Die Erwärmung sollte idealerweise in einer Klinik mit einer Herz-Lungen-Maschine erfolgen.
Für stark unterkühlte Lawinenopfer kann die Reanimation während des Transports zeitweise unterbrochen werden, um die Bergung aus schwierigem Gelände zu erleichtern.
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