„Krone vor Ort

Moldau: Kleines Land im Würgegriff von Russland

Ausland
11.04.2024 19:00

Auch in Moldau werden jetzt die Sorgen vor einer neuen Kriegsfront größer. Der Druck vom Kreml steigt und aus Moskau wird versucht, Unruhe zu stiften. Die Lage in dem Land, direkt an der Grenze zur Ukraine, ist jedenfalls brenzlig! 

Graue Plattenbauten säumen den Weg vom Flughafen in die moldauische Hauptstadt Chisinău. Die Straßen sind voller Schlaglöcher. Ein erster Frühlingsduft liegt in der Luft.

Für viele ist die Republik Moldau ein „blinder Fleck“ auf der Landkarte. Eingerahmt von der Ukraine im Osten und Rumänien im Westen ist der osteuropäische Staat einer der ärmsten Europas. Die Situation in dem kleinen Land ist äußerst fragil. Erst im Juni 2022 hat man den EU-Kandidatenstatus erhalten. Die Beweggründe dafür liegen klar auf der Hand: Seit Beginn des russischen Angriffskriegs versucht der Kreml das Nachbarland der Ukraine zu destabilisieren. Es braucht daher Schutz vor Putins Würgegriff. Doch bis zur Mitgliedschaft ist noch ein sehr weiter Weg zu gehen.

„Spätestens 2030 sind wir in der EU – hoffentlich“ 
Im Gespräch mit der „Krone“ gibt Bildungsminister Dan Perciun die Marschrichtung vor und ist äußerst optimistisch. „Spätestens im Jahr 2030 sind wir in der EU – hoffentlich“, so der Politiker. Damit vor allem auch die Jugend im Land wieder eine Perspektive habe. Der 32-Jährige gilt als Zukunftshoffnung der liberalen Partei, die klar pro-europäisch ist.

Kein Wunder: Der Mindestlohn beträgt schließlich nur 250 Euro. Viel zu wenig, um die stark gestiegenen Lebenserhaltungskosten und Energiekosten abzudecken. Für viele gibt es daher keinen Grund, zu bleiben. Auch die offiziellen Zahlen sprechen eine klare Sprache: 1990 lebten in Moldau noch rund 4,4 Millionen Menschen. Heute sind es weniger als 2,6.

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Ich sehe die Zukunft meines Landes auf alle Fälle in der EU und hoffe, dass der Prozess so positiv weitergehen wird.

Katalina Tsurkow (18), Schülerin

Katalina (18) kann sich vorstellen, dass sie nach ihrer Matura zum Studieren in ein EU-Land geht. (Bild: Christoph Engelmaier)
Katalina (18) kann sich vorstellen, dass sie nach ihrer Matura zum Studieren in ein EU-Land geht.

Die Bevölkerung möchte den EU-Beitrittsprozess lieber heute als morgen abschließen, gleichzeitig werden anti-europäische Bewegungen im Land aus dem umliegenden Ausland unterstützt, weil kein Interesse an einem starken Europa besteht.

Dann wäre da noch die abtrünnige Region Transnistrien. Wo das arme Land bereits einen Konflikt mit dem großen Nachbarn hatte. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion kam es 1992 zu einem blutigen Bürgerkrieg um den Landesteil mit 100.000 Vertriebenen. Seither hat Russland dort dauerhaft 1500 sogenannte „Friedenssoldaten“ stationiert. Heute leben hier rund 220.000 russische Staatsbürger.

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„Das Jahr 1992 darf sich nicht wiederholen. Wir sind sehr nervös und haben Angst, dass die Lage eskalieren könnte.“

Natalia Alhazova (73), Pensionistin

Natalia Alhazova (73) ist pensionierte Lehrerin und arbeitet als Fremdenführerin. Sie macht sich derzeit große Sorgen. So wie viele in Moldau. (Bild: Christoph Engelmaier)
Natalia Alhazova (73) ist pensionierte Lehrerin und arbeitet als Fremdenführerin. Sie macht sich derzeit große Sorgen. So wie viele in Moldau.

„Das Jahr 1992 darf sich nicht wiederholen. Natürlich sind wir sehr nervös und haben Angst“, erzählt die 73-jährige Natalia der „Krone“ in Chisinău. So wie sie denken derzeit viele im Land. Das letzte Säbelrasseln der Russen ist schließlich noch nicht lange her. Die Separatisten hatten Moskau wegen zunehmender wirtschaftlicher Schwierigkeiten um „Schutz“ gegenüber Moldau gebeten. Der Kreml sagte diesen sofort zu. Erst vor wenigen Tagen wurde ein Drohnenangriff auf einen pro-russischen Militärstützpunkt gemeldet. Es ist ein gefährliches Spiel, welches Putin hier betreibt. Mit Gefahr zur Eskalation.

In Transnistrien leben über 220.000 Menschen mit russischem Pass. (Bild: Dmitri Lovetsky / AP / picturedesk.com)
In Transnistrien leben über 220.000 Menschen mit russischem Pass.

Auf dem Weg in die EU hat Österreich jedenfalls Solidarität zugesichert – an das aufstrebende Land wird geglaubt. Derzeit sind hier rund 30 heimische Unternehmen aktiv, darunter Versicherungen, Banken und die Leichtindustrie. Mit insgesamt 96 Millionen Euro Investment sind wir übrigens unter den Top 10-Ländern.

Österreich unterstützt beim EU-Beitritt
Schon jetzt arbeitet Österreich mit Moldau eng zusammen, auch um die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu stärken. Erst vor kurzem eröffnete Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) eine eigene Auslandsschule, die dort unser Know-how den jungen Menschen zur Verfügung stellen soll – als Signal an den Kreml. Die eigens errichtete HTL wird sich auf IT-Kompetenz spezialisieren und soll im Herbst 2025 mit drei ersten Klassen den Unterricht aufnehmen. Etwa 250 bis 300 Schüler werden dort größtenteils in deutscher Sprache nach einem adaptierten österreichischen Lehrplan unterrichtet werden.

Noch heuer soll es in Moldau übrigens eine Abstimmung über den EU-Beitritt geben. Um die Bestrebungen in der Verfassung zu verankern. Moldau steht also wieder einmal an einem Scheideweg.

 Christoph Engelmaier aus Chişinău (Moldau)

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