Das Gezerre zwischen ÖVP und Grünen um Energiewende und Ausstieg aus russischem Gas geht in die nächste Runde. Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) legt nun ihr Mitte Februar angekündigtes Gesetzespaket rund um die Diversifizierungsverpflichtung für Gasversorger vor und stößt damit beim Koalitionspartner auf Widerstand.
Mit den von Gewessler vorgeschlagenen Gesetzesänderungen soll der Russland-Anteil an den heimischen Gasimporten von zuletzt rund 90 Prozent auf 0 Prozent im Gaswirtschaftsjahr 2027/28 sinken. Alle EU-Staaten haben sich darauf verständigt, bis 2027 aus russischem Gas auszusteigen. Im Februar stammten noch 87 Prozent der Gasimporte Österreichs aus Russland.
Ambitioniertes Vorhaben aus dem grünen Ministerium
Die Gesetzesvorschläge der Energieministerin umfassen Novellen des Gaswirtschaftsgesetzes, des Gasdiversifizierungsgesetzes und des Energielenkungsgesetzes. Beginnend mit dem Gasjahr 2024/25 ist jeder Gasversorger in Österreich verpflichtet, einen steigenden Anteil von nicht-russischem Erdgas nachzuweisen. Im ersten Jahr muss dieser Anteil 40 Prozent betragen. Bis 2027/28 soll dieser Anteil stufenweise auf 100 Prozent steigen.
Volkspartei hat Sorge um Preisentwicklung
Die ÖVP hat Sorge, dass die Gaspreise zu stark steigen würden, wenn man den Ausstieg so schnell vorantreibt und steht daher auf der Bremse. „Die Bundesregierung ist sich einig in ihrem Ziel, die Abhängigkeit von russischem Gas zu reduzieren. Große Markteingriffe bedürfen jedoch einer sorgfältigen Analyse der Auswirkungen, da ein sofortiger Ausstieg natürlich die Versorgungssicherheit und die Preissituation beeinflusst. Diversifizierungsschritte müssen daher so konzipiert sein, dass weder Bürgerinnen und Bürger noch die Wirtschaft überlastet werden“, heißt es aus dem Finanzministerium.
Für die Industrie steht da besonders viel auf dem Spiel, der Weg zu einer grüneren Industrie führe über Strom und Wasserstoff, sagt die Industriellenvereinigung. Sie kritisiert die Regierung für ihre Untätigkeit in diesem Bereich. „Mit einer gesetzlichen Verpflichtung von Gaslieferanten zur Diversifizierung lassen sich mangelnde Leitungskapazitäten nicht kompensieren. Ministerin Gewessler ist stattdessen dringend gefordert, ihrer Verantwortung als Energieministerin nachzukommen und für einen verzögerungsfreien Ausbau der dringend notwendigen Gasinfrastruktur – insbesondere des WAG Loops (Verstärkung der Anbindung an das deutsche Gasnetz) zu sorgen“, so die IV auf Anfrage der „Krone“.
„Angesichts der Inflation kein hilfreicher Vorschlag“
Abgesehen davon sei es in Zeiten nach wie vor hoher Inflation und eines unter Druck stehenden Wirtschaftsstandortes wenig hilfreich, die heimischen Gasversorger zu teureren Importen zu zwingen. „Unternehmerisches Handeln im Sinne der Energiekunden sollten in dieser Situation nicht politisch unterlaufen werden.“
Auch die Neos orten Versagen bei der Regierung. „779 Tage nach dem Beginn des russischen Angriffskrieg legt Energieministerin Gewessler nun einen Entwurf zum Ausstieg aus russischem Gas bis 2027/28 vor.“ Nach diesem Zögern ist dieser Entwurf für die pinke Energiesprecherin Doppelbauer „zwar ein Schritt in die richtige Richtung, doch er kommt nicht nur zu spät, sondern geht auch nicht weit genug“.
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