Biennale di Venezia

Anna Jermolaewa: Revolutionen auf der Spitze

Kultur
16.04.2024 17:19

Gelungener Beitrag im Österreich-Pavillon auf der Biennale Arte: Kuratorin Gabriele Spindler versammelt in Venedig die sinnlich gefasste Polit-Kunst von Anna Jermolaewa.

Es sind sehr persönliche Erinnerungen, mit der sich die russisch-österreichische Dissidentin Anna Jermolaewa in das Biennale-Motto „Foreigners Everywhere“ fügt. Die Regimekritikerin verwandelt im Österreich-Pavillon nicht nur das Ballett „Schwanensee“ in eine nachdenkliche Forderung nach politischem Wandel, „wir haben insgesamt ausgehend von ihrer Fluchtgeschichte einen Bogen aus älteren und neuen Werken geschlagen“, so Kuratorin Gabriele Spindler.

Anna Jermolaewa and Oksana Serheieva, Rehearsal for Swan Lake, 2024 (Bild: © Markus Krottendorfer and Bildrecht)
Anna Jermolaewa and Oksana Serheieva, Rehearsal for Swan Lake, 2024

So stehen im Innenhof des Hoffmann-Pavillons alte Telefonzellen. „Sie stammen aus Traiskirchen. Es sind jene Apparate, die auch für Anna 1989 im Flüchtlingslager den einzigen Kontakt zu ihrer Familie ermöglichten. Nun stehen sie hier wie eine Art Ready-made, die Kritzeleien auf ihnen zeugen von so vielen verschiedenen Schicksalen“, so Spindler. Von Jermolaewas Flucht aus der Sowjetunion erzählt auch „Research For Sleeping Position“. Damals musste sie einige Tage auf einer Bank auf dem Westbahnhof verbringen. 17 Jahre später versuchte sie im Video eine geeignete Schlafposition auf eben dieser Bank zu finden.

Anna Jermolaewa und Kuratorin Gabriele Spindler (Bild: Franziska Trost)
Anna Jermolaewa und Kuratorin Gabriele Spindler
Anna Jermolaewa, Untitled (Telephone Booths) 2024 (Bild: © The Artist and Bildrecht)
Anna Jermolaewa, Untitled (Telephone Booths) 2024

Hingucker ist ihre Installation bunter Blumensträuße – Rosen, Nelken, Tulpen … sie alle symbolisieren Revolutionen, bei denen sich Menschen mit Blumen in der Hand erhoben. Von der Nelkenrevolution in Portugal 1974 bis zur Lotusrevolution 2011 in Ägypten.

Anna Jermolaewa, The Penultimate, 2017 (Bild: © Markus Krottendorfer and Bildrecht)
Anna Jermolaewa, The Penultimate, 2017

Neu entstanden ist die originelle Arbeit „Ribs“, in der sich auch Jermolaewas feiner Witz zeigt. „In der Sowjetunion war westliche Musik verboten. Aber findige Techniker haben Schallplatten auf ausrangierte Röntgenbilder aus Krankenhäusern kopiert“, erzählt Spindler. Sie ruhen in Leuchtkästen, und hinter Röntgenaufnahmen von Knochen verbirgt sich der so verheißende Klang der Freiheit, der einmal am Tag abgespielt wird.

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