„Die Bundesländer sind leider die Bremser bei der Energiewende“, klagt Vera Immitzer, Geschäftsführerin der Photovoltaik Austria. Ein schleppender Netzausbau, „verstaubte“ Landesgesetze und ein fehlender Überblick über Einspeise-Kapazitäten erschweren den Ausbau von Sonnenstrom.
Zwischen 2,7 und 3 Gigawatt wurden 2023 zugebaut. Die genaue hinzugekommene Leistung lässt sich noch nicht genau bestimmen. Hier zeigt sich aber bereits auch das erste Problem: Es gibt keinen Überblick, weder über die eingespeisten Mengen noch über die möglichen Kapazitäten. Das Elektrizitätswirtschafts-Gesetz soll unter anderem diesen Überblick schaffen. Hier plädiert die Branche noch für eine rasche Umsetzung, ebenso beim Erneuerbaren-Beschleunigungsgesetz. „Das sollte nicht am innenpolitischen Wahlkampf scheitern“, betont Immitzer.
Generell ist die Branchenvertreterin für heuer nicht besonders optimistisch, dass erneut soviel Leistung wie 2023 dazu kommt. Es wird derzeit noch viel abgearbeitet, neue Aufträge kommen aber weniger hinzu. Eine PV-Anlage kommt derzeit auf 1200 bis 1300 Euro pro Kilowatt-Peak. Eine typische Anlage mit 8 kWp kostet daher rund 10.000 Euro.
2023 war laut Branchenvertretern ein Ausnahmejahr. Einerseits hat die Energiekrise bei vielen den Wunsch nach einer günstigen Energieversorgung beschleunigt. Sich nur auf externe Faktoren auszureden, greife aber zu kurz. Das größte Problemfeld seien die Netze. Hier ging der Ausbau zu wenig voran, weil in den letzten Jahren Projekte sich kaum am künftigen, sondern eher am derzeitigen Bedarf orientierten.
Netze und Speicher sind für den Ausbau noch nicht gewappnet
Vielerorts verzögert sich deswegen der Zubau und die Schaffung neuer Einspeise-Kapazitäten. Das führt dazu, dass Photovoltaik-Besitzer ihren Strom gar nicht „ans Netz bringen“ können, sie erhalten keinen Zugang, der übrigens auch mit einer Anschlussgebühr verbunden ist. Die Situation bremst naturgemäß den Willen, zu investieren. Zudem haben – die „Krone“ berichtete – viele mit höheren Einspeisetarifen kalkuliert und sind nun enttäuscht.
Herbert Paierl, der Vorsitzende von PV Austria plädiert: „Wir brauchen Netze, Netze, Netze. Um das Ziel zu erreichen, müssen wir jährlich zwei Gigawatt zubauen, das ist ohne einen großen Netzausbau nicht haltbar“.
„Föderalistischer Fleckerlteppich bei Gesetzen“
Was dazukommt, ist ein „Fleckerlteppich“ über die Bundesländer, der zum Teil skurril anmutet: Während eine PV-Anlage in Niederösterreich laut Bauordnung genehmigungsfrei ist, muss für die Anlage 100 Meter weiter, im Burgenland, bereits ab 20 kW um eine Genehmigung angesucht werden. Auch zwischen den Nachbarbundesländern Tirol und Salzburg variieren die Bestimmungen. In Salzburg sind Anlagen immer genehmigungsfrei, in Tirol ab 50 kW anzeige- und ab 250 kW genehmigungspflichtig. „Wir haben es mit 27 unterschiedlichen Gesetzesmaterien zu tun“, betont Immitzer. Denn Baurecht, Naturrecht und Elektrizitätsrecht unterscheiden sich zum Teil je nach Region. „Der Föderalismus schlägt hier die Vernunft“, meint Paierl dazu, selbst ehemaliger Landespolitiker. Er plädiert für eine Angleichung der Gesetzeslagen.
Zu wenig Flächen
Nächster Stolperstein sind die mangelnden Flächen. Alleine auf den Dächern seien die ambitionierten Photovoltaik-Ziele kaum erreichbar, so Immitzer. Erst vier Bundesländer (Steiermark, Niederösterreich, Burgenland, Salzburg) wollen aktiv mehr Flächen auf Wiesen etc. für Photovoltaik ausweisen. Derzeit passiere sehr viel bei den Privathaushalten, um die Ziele zu erreichen, müssten aber 40 Prozent der zusätzlichen Leistung künftig auf Freiflächen hinzukommen. Auch Gewerbe- und Industriebetrieben steht noch ein Sonnenstrom-Ausbau bevor, die Flächen sollen vielerorts genutzt werden.
Es mangelt auch personell an Kapazitäten
Aber nicht nur bei den Flächen, auch in den Behörden selbst fehlt es an Kapazitäten, vor allem personell. Die Stellen sind zum Teil überfordert. Während die Installation bei einer typischen Anlage in nur drei bis vier Monaten über die Bühne geht, kostet das Genehmigen und das Anschließen ans Netz besonders viel Zeit
Bei einer Befragung unter den Mitgliedsbetrieben wird neben Bürokratie und Netzen zudem auch der Fachkräftemangel genannt. Für den großen Ausbau braucht es zahlreiche gut ausgebildete Mitarbeiter, die die Photovoltaik installieren. Dass technische Facharbeiter allgemein knapp sind, macht sich auch in der PV-Branche bemerkbar. Generell betont Paierl aber: „Die Branche ist für den Ausbau bereit!“
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