Rasend viel hat man – entgegen der von ihm selbst geschürten Erwartung, er werde sich nach seiner Wiederwahl in seiner zweiten Amtsperiode öfter zu Wort melden – von Bundespräsident Alexander Van der Bellen zuletzt nicht gehört. Er meldet sich eher wellenartig zu Wort: Bei den Festspieleröffnungen in Bregenz und Salzburg im Sommer, danach, so unken manche, begebe er sich wieder in den Winterschlaf. An den zuletzt sehr warmen Tagen dürfte er aus diesem vermeintlichen Winterschlaf aufgewacht sein und gab Kollegen vom deutschen „Spiegel“ ein Interview. Ein bemerkenswertes. Spiegel-Autor Stefan Kuzmany schreibt aus Anlass dieses Interviews seiner beiden Kollegen: „Sollte Ihnen in diesen geopolitisch höchst besorgniserregenden Tagen der Sinn nach etwas Abregung stehen, empfehle ich eine Reise nach Wien.“ Auch über die politische Situation in Österreich, den „drohenden Wahlsieg“ der FPÖ solle man sich nicht aufregen - nach der Lektüre des Interviews „mit dem maximal entspannten Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen in der Wiener Hofburg“. Dieser lasse sich nicht aus der Ruhe bringen, rät, man solle „vorsichtig sein mit düsteren Prognosen“. Die italienische Postfaschistin Giorgia Meloni? „Weiß, wie wichtig Brüssel für Italien ist.“ Russlandversteher in Ungarn, in der Slowakei und in Serbien – driftet Kerneuropa auseinander?, wird er gefragt. „Ich glaube daran nicht.“ So hinterlässt das Gespräch der deutschen Journalisten mit unserem Präsidenten das Bild eines entspannten Österreich. Ist da was dran?
Abwehrendes Geschwafel. Das Interview genau studiert hat auch „Krone“-Autorin Conny Bischofberger. Ihr fiel vor allem Van der Bellens Umgang mit sich selbst auf. Denn zu Österreichs Abhängigkeit vom russischen Gas und somit der Speisung von Putins Kriegskasse konfrontiert sagt er im „Spiegel“: „Ich weiß, das ist ein Problem“. Offen gibt der Bundespräsident zu, dass er sich bei Wladimir Putin „geirrt“ habe, es sei ein Fehler gewesen, den russischen Staatspräsidenten 2018 zu empfangen, nachdem dieser bereits die Krim annektiert hatte. Damals sprach Van der Bellen, woran Bischofberger in ihrer Kolumne erinnert, noch „von keiner grundsätzlichen Vertrauenskrise“. Heute sagt er, er dachte, er würde sich mit der unentschuldbaren völkerrechtswidrigen Annexion der Krim und dem Landzugang dorthin zufriedengeben. Van der Bellen im O-Ton: „Tut mir leid, völlige Fehleinschätzung.“ Diese drei Worte „Tut mir Leid“, das seien Worte, die Spitzenpolitikern nur sehr schwer über die Lippen kommen, schreibt Bischofberger. Da hat sie recht. Diese wenigen Worte wären so oft bei so vielen Politikern angebracht. Aber man hört statt einer Entschuldigung von ihnen meist nur abwehrendes Geschwafel.
Kommen Sie gut durch den Donnerstag!
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