In den vergangenen Wochen ist eine Welle von Infektionen mit dem respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) über Österreich hinweggerollt. Die Gefährlichkeit der Erkrankung wurde bisher offenbar unterschätzt. Denn fast ein Viertel der erkrankten Senioren erleidet eine Herz-Komplikation, zeigt eine neue Studie.
Die in medizinischen Fachkreisen weltbekannten US-Zentren für Krankheitskontrolle und Prävention (CDC/Atlanta) haben sich in der jüngeren Vergangenheit vermehrt mit RSV-Infektionen auseinandergesetzt. Seit vergangenem Jahr gibt es Impfstoffe, die einerseits über die Immunisierung von werdenden Müttern während der Schwangerschaft Babys schützen sollen, andererseits auch Vakzine für Menschen in der Altersgruppe über 60. Säuglinge und Senioren haben ein erhöhtes Risiko für schwere Krankheitsverläufe.
In der US-Fachzeitschrift JAMA Internal Medicine der amerikanischen Ärztegesellschaft (AMA) sind vor Kurzem die Ergebnisse eines neuen Überwachungsnetzwerkes der CDC erschienen (doi:10.1001/jamainternmed.2024.0212), wie jetzt auch das Deutsche Ärzteblatt berichtete.
6248 Studien-Teilnehmer
Neben den „Hospitalization Surveillance Networks“ für Influenza (FluSurv-NET) und Covid-19 (COVID-NET) wurde auch ein RSV-NET in zwölf US-Bundesstaaten aufgebaut. Ausgewertet wurde der Krankheitsverlauf von Menschen im Alter von über 50 Jahren und per Laboruntersuchung bestätigter RSV-Infektion für die Jahre 2014/2015, 2017/2018 und 2022/2023 – jeweils für die klassischen „Saisonen“ für solche Erkrankungen.
Bei der analysierten Personengruppe handelte es sich um 6248 hospitalisierte älteren Erwachsene im mittleren Alter von 72,7 Jahren. Knapp 60 Prozent der Betroffenen waren Frauen.
Komplikationsrate höher als bei Covid
Die Beobachtungen sprechen für eine höhere Komplikationsrate wegen akuter Herz-Kreislauferkrankungen im Verlauf von RSV-Erkrankungen mit Spitalsaufnahme als bei Influenza und Covid-19. Mit einer geschätzten Häufigkeit von 22,4 Prozent entwickelte fast jeder vierte Patient eine solche Erkrankung zusätzlich zu der Infektion.
Bei 15,8 Prozent war das zum Beispiel eine akut auftretende Herzschwäche. 7,5 Prozent entwickelten eine ischämische Herzkrankheit (instabile Angina pectoris, Herzinfarkt etc.), 1,3 Prozent rutschten in eine Bluthochdruck-Krise. 18,6 Prozent der wegen RSV ins Spital aufgenommenen Patienten mussten intensivmedizinisch versorgt werden. Die Sterblichkeit betrug 4,9 Prozent.
RSV bisher nicht getestet
Studienautorin Rebecca Woodruff (CDC) verglich das mit den Komplikationen nach einer Influenza bzw. nach einer Covid-19-Erkrankung: Wissenschaftliche Studien zeigten eine Häufigkeit von akut auftretender Herzinsuffizienz bei 5,5 bis neun Prozent im Zuge einer schweren Influenza mit Spitalsaufnahme, unter hospitalisierten Covid-19-Patienten war das laut Studien bei vier bis 8,5 Prozent der Betroffenen der Fall. Möglicherweise, so die Studienautoren ist für die RSV-Komplikationen eine stärkere Entzündungsreaktion verantwortlich.
Warum man das RSV-Komplikationsrisiko bisher unterschätzt habe, ließe sich einfach erklären: Senioren mit schweren Atemwegserkrankungen wurden bisher durchgängig auf Influenza und Covid-19 getestet, nicht aber auf RSV.
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