In Österreich und Deutschland zahlen Mittelstandsfamilien im Verhältnis deutlich mehr Steuern als Millionäre und Milliardäre. Zu diesem Schluss kommt eine am Donnerstag veröffentlichte Studie von der deutschen Entwicklungsorganisation Oxfam, dem Netzwerk Steuergerechtigkeit und dem gewerkschaftsnahe Momentum Institut. Sie fordern daher die Einführung einer Vermögenssteuer. Das Beispiel Schweiz zeige, dass die Besteuerung von Superreichen funktioniere, so die Studienautoren.
Berechnet wurde in dem Ländervergleich zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz die effektive Besteuerung von durchschnittlichen Mittelstandsfamilien, Millionären und exemplarischen Milliardären – in Österreich wurde etwa Red-Bull-Erbe Mark Mateschitz herangezogen. Dabei zeigt sich, dass die progressiven Steuersysteme in allen drei Ländern für einen starken Ausgleich bei der Einkommensverteilung sorgen, im internationalen Vergleich sehr ungleich verteilt sind aber die Vermögen.
Vermögenssteuer könnte Ausgleich schaffen
Daran ändert offensichtlich auch die Vermögenssteuer – wie sie in der Schweiz besteht – nicht viel, sie schafft laut Studie aber einen Ausgleich bei der effektiven Steuerbelastung. Denn während das Einkommen beim Mittelstand vor allem aus Arbeitseinkommen besteht, beträgt der Anteil am Einkommen bei Millionären nur 10 bis 20 Prozent und bei Superreichen weniger als ein Prozent.
Den Berechnungen zufolge kommt eine durchschnittliche Mittelstandsfamilie mit allen Steuern und Abgaben inklusive Arbeitgeber-Beiträgen in Österreich und Deutschland auf eine effektive Steuerlast von 42 bzw. 43 Prozent des Arbeitgeberbruttolohns. Dagegen zahlen Muster-Millionäre in Österreich nur rund 30 Prozent, in Deutschland 29 Prozent, die Beispiel-Milliardäre überhaupt nur rund 26 Prozent an Steuern.
Regionale Unterschiede in der Schweiz
Im Vergleich dazu kommt in der Schweiz der exemplarische Superreiche auf einen Steuersatz von rund 32 Prozent, der durchschnittliche Millionär auf 19 Prozent und die Mittelstandsfamilie auf rund 15 Prozent. Damit würden die effektiven Steuersätze der Superreichen deutlich näher an den jeweils vorgesehenen Höchststeuersätzen liegen. Dabei sind die regionalen Unterschiede in der Schweiz groß. In der Studie wurde davon ausgegangen, dass Mittelstandsfamilie und Millionär in dem Niedrigsteuer-Kanton Zug lebt, wo der Höchststeuersatz bei 22 Prozent liegt. Der herangezogene Milliardär lebt tatsächlich aber in einem Hochsteuerkanton (41,5 Prozent Höchststeuersatz).
Auch Erhöhung der Unternehmenssteuer
Eine Vermögenssteuer könne also dafür sorgen, dass das Steuersystem wieder progressiver wird und damit dem vereinbarten Leistungsprinzip entspricht, argumentieren die Autoren. Würde Deutschland Vermögensteuern auf dem Schweizer Niveau erheben, entspräche das Mehreinnahmen von 73 Milliarden Euro. In Österreich würde eine Vermögensteuer laut aktuellen Modellen jährlich etwa bis zu 5 Milliarden Euro bringen. Neben der Einführung einer Vermögenssteuer für Superreiche empfehlen die Studienautoren auch eine Erhöhung der Unternehmenssteuern.
Grundlage der Studie waren Daten der OeNB-Studie „Household Finance and Consumption Survey (HFCS). Im Falle der Superreichen wurde aufgrund fehlender konkreter Daten auf öffentlich einsehbare Firmenbuchdaten, Berichten von Finanznachrichtenagenturen und den Reichenlisten von Trend und Forbes zurückgegriffen.
Agenda Austria gegen Vermögenssteuer
Nichts von der Forderung nach einer Vermögenssteuer hält die wirtschaftsliberale Denkfabrik Agenda Austria. Die klassische Vermögenssteuer sei wirtschaftsfeindlich und deshalb überall auf dem Rückzug, erklärte Agenda Austria-Chef Franz Schellhorn in einer Stellungnahme: „Wer mehr Gerechtigkeit will, muss die Steuern senken und nicht erhöhen, nur so ist ein breiter Vermögensaufbau möglich.“ Von der Schweiz abschauen könne man sich dagegen die Ausgabenbremse.
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