Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat wegen des Übergreifens des Vogelgrippe-Erregers H5N1 auf immer mehr Arten Alarm geschlagen. Bislang gebe Hundert Fälle, wo sich Menschen mit dem Virus infizierten – dabei sei die Todesrate „außergewöhnlich hoch“.
Dass H5N1 nicht mehr nur Vögel befalle, rechtfertige „enorme Besorgnis“, zeigte sich WHO-Chefwissenschafter Jeremy Farrar am Donnerstag in Genf bedrückt. Das Virus habe sich zu einer weltweiten „Tier-Pandemie“ entwickelt. Mit dieser Ausbreitung wachse die Gefahr, dass auch Menschen sich ansteckten und der Erreger schließlich von Menschen übertragen werde.
Der aktuelle Vogelgrippe-Ausbruch hatte 2020 begonnen und führte bereits zum Tod von Dutzenden Millionen Geflügel-Nutztieren. Das Virus befällt überdies Wildvögel und ist mittlerweile auch bei Säugetieren an Land und im Meer festgestellt worden. Im vergangenen Monat kamen zur Überraschung von Experten Kühe und Ziegen auf der Liste der befallenen Arten hinzu.
Derzeit gibt es keinen Nachweis, dass sich H5N1 unter Menschen ausbreitet. Es gab laut WHO aber zumindest mehrere hundert Fälle, in denen sich Menschen bei infizierten Tieren ansteckten. In diesen Fällen sei die Todesrate „außergewöhnlich hoch“, warnte WHO-Experte Farrar.
Todesrate von 52 Prozent
Von 2003 bis zum 1. April 2024 registrierte die WHO nach eigenen Angaben in 23 Ländern insgesamt 889 Ansteckungen bei Menschen, von denen 463 tödlich endeten. Das entspricht einer Todesrate von 52 Prozent.
Für Besorgnis sorgte in diesem Monat auch die Nachricht, dass sich ein Mensch im US-Bundesstaat Texas bei Milchvieh mit Vogelgrippe angesteckt habe. Zuvor hatten sich Viehherden in Texas, Kansas und anderen US-Bundesstaaten offenbar bei Wildvögeln mit H5N1 infiziert. Laut WHO handelt es sich bei dem Fall in Texas offenbar um die erste Ansteckung eines Menschen mit H5N1 bei einem Säugetier.
H5N1 sucht „nach neuen, neuartigen Wirten“
Wenn ein Virus auch Säugetiere befallen könne, komme es „den Menschen näher2, betonte Farrar. H5N1 suche „nach neuen, neuartigen Wirten“. Farrar forderte eine genauere Beobachtung des Infektionsgeschehens. Es sei wichtig zu wissen, wie viele Menschen bereits befallen worden seien, „weil dort die Anpassung (des Virus) passieren wird“.
Der WHO-Experte mahnte, nationale und regionale Gesundheitsbehörden müssten die Kapazitäten haben, das Virus nachzuweisen. Dadurch solle die Menschheit in die Lage versetzt werden, „sofort zu reagieren“, wenn H5N1 von Mensch zu Mensch übertragen werde. Zu den Impfstoffen und Medikamenten gegen das Vogelgrippe-Virus, deren Entwicklung bereits angelaufen sei, müssten ebenfalls alle Zugang erhalten.
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