Der belgische Theatermagier Luk Perceval nimmt sich im Wiener Volkstheater Shakespeares Römerdramen vor: „Rom“ ist für die Besucher keine leichte Übung und fasziniert doch.
Vor 25 Jahren war das, in der goldenen Salzburger Festspiel-Ära Mortier: Da faszinierte der Belgier Luk Perceval mit einem Unternehmen außer aller Norm. „Schlachten“ spannte in Zwölfstundenlänge den Bogen über Shakespeares Königsdramen, so wie Jahrzehnte zuvor Giorgio Strehler mit „Spiel der Mächtigen“. Hautnah an den blutigen Originalen, hatte Perceval mit dem Autor Tom Lanoye doch einen eigenen Kosmos erschaffen.
Den heute 66-jährigen Theatermagier mit dem Komplementär-Unternehmen zu beauftragen, war also eine aufregende Idee: „Rom“ fasst die vier Shakespeare’schen Römerdramen zusammen, diesmal in handlicher Zweieinhalbstundenlänge. Und auch hier geht es um die Macht und ihren Preis: um Rache in „Titus Andronicus“; um die Unvereinbarkeit der Gesetze des Krieges und des wiederhergestellten Friedens in „Coriolan“; um die Techniken der Machtausübung in „Julius Caesar“ ; „Antonius und Cleopatra“ schließlich ist die Geschichte einer erotischen Verfallenheit gegen die Staatsräson bis zur Selbstzerstörung, man kann das als pazifistisch oder als Protokoll des sich anbahnenden Untergangs lesen.
Um Perceval und seiner österreichischen Co-Autorin Julia Jost zu folgen, müsste man sich allerdings in dicke Shakespeare-Handbücher versenken. Selbst die eingeschlagenen Wege sind schwer zu identifizieren, nicht zu reden vom Personal. Eher wähnt man sich bei einem kultisch-sakralen Anlass, grundiert mit der psychedelischen Live-Musik von Lila-Zoé Krauß. Die Übertragung der Shakespeare-Texte ist zudem etwas akademisch geraten, auch ist das Ganze mit Bildungsballast in der Gestalt zahlloser Zitate überladen.
Und doch hat das, was Perceval und sein Bühnenbildner Philip Bußmann hier auf fast leerer Bühne aus Licht und Sprache errichten, mehr Format, Größe und Willen zum Weltentwurf als alles, was man zuletzt auf Wiener Bühnen gesehen hat. Die Textarbeit ist vorzüglich, das Ensemble brilliert. Allein der Ringkampf der Geschlechter, den Julia Riedler und Frank Genser austragen, verdient den Besuch. Kompliment auch an Runa Schymanski, Friederike Tiefenbacher, Lavinia Nowak, Andreas Beck, Stefan Suske, Uwe Rohrbeck und die raunenden Hexen Evi Kehrstephan und Claudia Sabitzer. Kurz: Man irrt durch die Ereignisse und langweilt sich keinen Augenblick.
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