Es sollte mittlerweile keiner ausdrücklichen Ermahnung mehr bedürfen: Auch und besonders die allradgetriebenen Autos müssen im Winter auf Winterreifen unterwegs sein. "Auch", da die gesetzliche Regelung hier keine Ausnahme duldet, und "besonders", da Allradler auf schlüpfrigem Untergrund sehr gut beschleunigen und dabei dazu verleiten, die Gripverhältnisse günstiger einzuschätzen, als sie es tatsächlich sind. Das Fatale daran ist: Beim Bremsen sehen die Allrad-SUVs meistens nicht besser, oft sogar schlechter aus als konventionelle Autos, sagt der ACE. Das kann in Einzelfällen an extra-robuster Bauweise, an einem erhöhten Schwerpunkt oder schlicht am massigen Gesamtgewicht liegen.
SUV-Reifen sind besonders gefordert
Aber auch an den Reifen, denn die haben es bei solchen Autos wahrlich nicht leicht: Die Belastungen durch das enorme Gewicht und das gleichzeitig mögliche Spitzentempo sind groß. Zudem sind die Flanken relativ hoch, da Niederquerschnittsreifen bei SUVs erst ab 19 Zoll Felgengröße angesagt sind. Das ist gut für den Komfort, lässt jedoch wenig Lenkpräzision erwarten. Und nicht zuletzt sollen die Reifen auch für einen gelegentlichen Ausflug neben die Straße stabil genug sein und nicht beim ersten (Bord-) Steinkontakt die Luft verlieren. Nun gibt es auch für den Geländeeinsatz spezielle Reifen, was die Auswahl in dieser Fahrzeugkategorie nicht leichter macht. Doch obwohl diese All-Terrain-Reifen oft auch das M&S-Symbol tragen, sind diese Grobstoller für den Wintereinsatz kaum geeignet. Im Winter kommen dann noch ein paar Anforderungen dazu: Die Lamellen sollen sich im Schnee ordentlich festbeißen, ohne auf trockenen Autobahnetappen Schaden zu nehmen. Wasser und Matsch müssen bestmöglich abgeleitet werden, ohne dass ein zu großer Negativanteil im Profil den ohnehin schwierigen Bremsvorgang weiter verkompliziert.
Die Testergebnisse: Bridgestone als Testsieger
Als Testwagen diente ein Dacia Duster, der sowohl im Allrad- als auch im Frontantriebsmodus bewegt werden kann. Um den Schwierigkeitsgrad zu erhöhen, wurden die meisten Fahrversuche im Zweirad-Modus durchgeführt.
Bridgestone fährt durch die Summe der erzielten Qualitätsmerkmale mit dem neuen Blizzak LM-80 den Sieg nach Hause, dicht gefolgt von Conti CrossContact Winter. Goodyear Ultra Grip 8, Nokian WR D3, und Semperit SpeedGrip2 sind ebenfalls sehr zu empfehlen, der Dunlop SP Winter Sport 4D verpasst das Prädikat "sehr empfehlenswert" nur um Haaresbreite.
Auf dem verschneiten Testgelände leistet sich keiner der zum Test angetretenen Markenreifen nennenswerte Schwächen. Beim Bremsen auf Schnee sind die ersten kleinen Unterschiede spürbar: Zwischen dem besten und dem schlechtesten Reifen liegt im Schnitt eine halbe Wagenlänge. Obwohl das Ausgangstempo hier nur bei 50 km/h liegt, beträgt der Anhalteweg bei dieser Übung dennoch an die 30 Meter. Gefühlsmäßig ist Tempo 50 viel schneller erreicht als "weggebremst", vor allem im Allradmodus. Doch selbst wenn der Dacia nur mit Frontantrieb unterwegs ist, beschleunigt er noch flott und wühlt sich tapfer jede Steigung hinauf. Auf einer geräumten Straße bieten die Winterreifen so viel Grip, dass der Allradantrieb im Grunde überflüssig erscheint.
Wirkliche Spezialisten sind auf Schnee nicht auszumachen, wobei der österreichische Semperit die alpenländischen Erwartungen voll erfüllt und die Schneewertung knapp anführt. Dass sich auch der finnische Nokian auf Schnee nahezu perfekt verhält, erstaunt wenig. Doch der Conti kann es genauso gut. Nach Bremsen, Beschleunigen und Kurvenfahren auf Schnee steht fest: Selbst mit dem Bridgestone LM-80, der auf Schnee insgesamt die geringste Punktzahl einfährt, kommt man gut den Berg hinauf und auf der anderen Seite auch sicher wieder hinunter. Man sollte sich dafür einfach nur ein Quäntchen mehr Zeit lassen.
Goodyear holt sich die Nasswertung
Dafür glänzt der Bridgestone dann auf nasser Straße umso mehr: Kürzester Bremsweg und die schnellste Zeit im Handling zeigen, wo bei diesem Reifen der Schwerpunkt in der Entwicklung lag. Einzig die Aquaplaningeigenschaften dürften noch etwas besser sein, schließlich regnet es in der kalten Jahreshälfte doch häufiger und der schmelzende Schnee bildet Pfützen und Bäche auf dem Asphalt. Mit Abstand am besten pflügt der Goodyear durch die Wasserlachen, was in der Addition den knappen Sieg in der Disziplin "Sicherheit Nass" einbringt.
"Trocken" am schwierigsten für SUV-Reifen
Als Nächstes folgt die Disziplin "Trocken", die, wie eingangs erwähnt, für SUV-Reifen besonders schwierig ist. Einen besonders kurzen Bremsweg zaubert der finnische Nokian auf den trockenen Asphalt. Noch vor dem Erreichen der 43-m-Marke steht der Dacia aus Tempo 100, ein Wert, der bereits in die Reichweite von Sommerreifen kommt. Der auf Schnee noch so erfolgreiche Semperit braucht jetzt vier Meter länger – oder auch eine ganze Wagenlänge mehr – um den Duster zum Halten zu bringen. Dazwischen sortieren sich die übrigen Wettbewerber ein.
Continental und vor allem Pirelli als Lärmerreger
Größere Verschiebungen bringt noch das Kapitel Umwelt mit sich. Im Abrollgeräusch schneidet ausgerechnet der Continental, der sich bis jetzt als fleißigster Punktesammler erwiesen hat, unerwartet schlecht ab. Obwohl dieser Wert seit Neuestem auch auf dem Reifenlabel weithin sichtbar sein wird, rollt der Reifen bei Tempo 80 von außen betrachtet sehr laut ab. Im Innenraum des Duster fällt dieser Reifen allerdings nicht unangenehm auf, was zweierlei Umstände deutlich macht: Zum einen ist die Geräuschentwicklung im Innenraum stark fahrzeug- und geschwindigkeitsabhängig, zum anderen ist es bemerkenswert, dass der Conti trotz dieses Umstandes den Gesamtsieg nur denkbar knapp verpasst.
Apropos Rollwiderstand: Richtig viele Punkte verliert in dieser Disziplin der neu entwickelte Pirelli, der somit etwas den Anschluss verliert. Allerdings hat Pirelli angekündigt, die Entwicklungsschwerpunkte dieses neuen Winterspezialisten noch einmal zu überdenken und den Reifen bis zur endgültigen Markteinführung in dieser Hinsicht deutlich nachzubessern.
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