"Öl ins Feuer gießen"
F: Magazin zeigt neue Mohammed-Karikaturen
Die Karikaturen befassen sich hauptsächlich mit dem in den USA produzierten islamfeindlichen Film, der zu gewaltsamen Protesten in muslimischen Ländern geführt hatte (siehe Infobox). Einige Zeichnungen zeigen außerdem den Propheten Mohammed in merkwürdigen Posen. So liegt dieser nackt vor einer Kamera und reckt seinen entblößten Hintern in die Höhe. In Anspielung auf einen Film mit der Schauspielerin Brigitte Bardot lässt der Autor den Propheten sagen: "Und meinen Hintern? Magst du meinen Hintern?"
"Neuer islamfeindlicher Akt"
Die französische Regierung rief die Medien des Landes noch am Dienstagabend dazu auf, vor dem Hintergrund der aktuellen Situation Verantwortungsbewusstsein zu zeigen. Er missbillige jeglichen Exzess, hieß es in einer Stellungnahme von Premierminister Jean-Marc Ayrault. In Frankreich gelte die Meinungsfreiheit, zugleich müssten aber Toleranz und Respekt gegenüber religiösen Überzeugungen gewahrt bleiben.
Der Rat der Muslime Frankreichs, CFCM, verurteilte die Veröffentlichung als "neuen islamfeindlichen Akt", rief aber dazu auf, besonnen zu reagieren. Ähnlich äußerte sich der Leiter der Großen Moschee von Paris, Dalil Boubakeur.
Frankreich verstärkt Sicherheitsvorkehrungen für Botschaften
Nach der Veröffentlichung der Karikaturen verstärkte Frankreich die Sicherheitsvorkehrungen für seine Botschaften. Dies betreffe alle Länder, in denen die Veröffentlichung zu Problemen führen könne, sagte Frankreichs Außenminister Laurent Fabius am Mittwoch. Es sei nicht "intelligent", zum jetzigen Zeitpunkt "Öl ins Feuer zu gießen", kritisierte Fabius das Satire-Blatt.
Aus Angst vor gewaltsamen Angriffen werden am Freitag französische Botschaften, Schulen, Konsulate und Kulturzentren in rund 20 Ländern geschlossen, wie das Außenministerium in Paris am Mittwoch mitteilte. Befürchtet werden einmal mehr Ausschreitungen nach dem Freitagsgebet. Es gebe aber keine konkrete Bedrohung für einzelne französische Einrichtungen, sagte ein Ministeriumsvertreter.
"Charlie Hebdo" hat sich mit der Publikation allerdings umgehend Feinde gemacht: Hacker legten den Online-Auftritt der Zeitschrift bereits am Mittwochmorgen lahm. Vermutlich handle es sich bei den Angreifern um radikale Islamisten, sagte eine Sprecherin des Blattes. Auch die Facebook-Seite wurde attackiert.
Die Print-Version des Magazins konnte allerdings vollkommen ungehindert verbreitet werden und erfreute sich großer Beliebtheit. Noch am Erscheinungstag war die aktuelle Ausgabe vergriffen. Das Blatt kündigte an, eine Sonderauflage nachzudrucken, die am Freitag an den Kiosken aufliegen soll. Die Auflage der Zeitschrift liegt nach eigenen Angaben bei rund 75.000 Stück.
Anzeige gegen Satire-Blatt
Am Mittwochnachmittag wurde schließlich Anzeige gegen die Zeitung erstattet. In der bei der Staatsanwaltschaft von Paris eingegangenen Anzeige wird der Zeitung unter anderem "Aufstachelung zum Hass" vorgeworfen, wie am Mittwoch aus Justizkreisen verlautete. Unabhängig davon eröffnete die Staatsanwaltschaft bereits ein Ermittlungsverfahren wegen eines Hacker-Angriffs auf den Online-Autritt der Zeitung. "Charlie Hebdo" hatte wegen des Angriffs Anzeige erstattet.
Die Anzeige gegen die Satire-Zeitung eingereicht hat eine in Paris ansässige Organisation, die sich Syrische Vereinigung für die Freiheit nennt. In der Anzeige, die die Nachrichtenagentur AFP einsehen konnte, wird der Satire-Zeitung vorgeworfen, "Öl ins Feuer geschüttet zu haben, indem sie eine Karikatur gegen den Propheten Mohammed verbreitet hat". Die Zeitung habe öffentlich zur Diskriminierung, zum Hass und zur Gewalt aus nationalistischen, rassistischen oder religiösen Motiven aufgerufen.
"Charlie Hebdo" provoziert immer wieder
Das Satiremagazin "Charlie Hebdo" hatte wegen Provokationen bereits mehrfach Ärger. Nach der Veröffentlichung einer "Scharia"-Sonderausgabe mit einem "Chefredakteur Mohammed" gingen zuletzt im November 2011 die Redaktionsräume in Flammen auf (siehe Infobox). Die Titelseite zeigte eine Mohammed-Karikatur mit der Äußerung: "Hundert Peitschenhiebe, wenn Sie sich nicht totlachen".
Für strenggläubige Muslime sind Filme oder Karikaturen anstößig, die den Propheten Mohammed als Person zeigen. Dies ist nach ihrer Glaubensauffassung verboten.
Schmähfilm forderte bereits Dutzende Opfer
Seit einer Woche gibt es in der arabisch-islamischen Welt massive Proteste gegen ein in den USA produziertes Video über den Propheten. Das Terrornetz Al-Kaida hat dazu aufgerufen, US-Botschaften zu stürmen und Diplomaten zu töten. Bei Angriffen starben bereits etliche Menschen, unter ihnen der US-Botschafter in Libyen (siehe Infobox). Zuletzt kamen am Dienstag zwölf Menschen ums Leben, als eine Frau sich in Afghanistan in die Luft sprengte und alle anderen rund um sich mit in den Tod riss.
Die Proteste gingen auch am Mittwoch weiter: In Afghanistan stürmten zahlreiche Menschen wegen des Schmähfilms auf die Straßen, im Osten des Landes demonstrierten rund tausend Menschen und blockierten eine zentrale Zufahrtsstraße in die Hauptstadt Kabul, wie Augenzeugen berichteten. Bei den Demonstranten handelte es sich überwiegend um Studenten.
In Saudi-Arabien wurden wegen des Filmes der Zugang zu allen Webseiten gesperrt, auf denen das Video zu sehen ist, wie die amtliche saudische Nachrichtenagentur berichtete.
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