Im Wiener Auktionshaus „im Kinsky“ kam nun Klimts nie vollendetes, jahrzehntelang verschollenes „Bildnis Fräulein Lieser“ unter den Hammer. Statt einer Rekordjagd der Bieter erreichte das Gemälde gerade noch den unteren Schätzwert von 30 Millionen Euro – dann fiel schon der Hammer. Auf 50 und mehr Millionen, bis zu 70, hatte man gehofft.
Ist der Kunst-Krimi um Gustav Klimts Fräulein Lieser, der in den vergangenen Wochen Wissenschafter, Restitutionsexperten, Zeitungskommentatoren in Europa und New York immer wieder zu Kritik und Protesten veranlasste, jetzt zu Ende? Vielleicht auch nicht. Klimts nie vollendetes, jahrzehntelang verschollenes „Bildnis Fräulein Lieser“ kam gestern im Wiener Auktionshaus im Kinsky unter den Hammer. Doch schon nach Kurzem und bei „nur“ 30 Millionen musste Auktionator und Kinsky-Geschäftsführer Michael Kovacek den Zuschlag geben – für einen Bieter im Saal. Das große, spannende Rennen um den späten Klimt fand nicht statt. Der obere Schätzwert von 50 Millionen oder gar mehr, wie spekuliert wurde, blieb in weiter Ferne.
Überraschung: Neuer Erbe plötzlich aufgetaucht
Für die größte Spannung sorgte das Auftauchen eines neuen Erben kurz vor der Auktion. Ein Verwandter der Familie Lieser, der vom Auktionshaus nicht kontaktiert wurde, wurde durch den kürzlich erschienenen Artikel in der „Süddeutschen Zeitung“ auf das Gemälde aufmerksam. Der Ingenieur aus München überlegt nun rechtliche Schritte. Doch wo wird das Kunstwerk in Hinkunft seinen Platz finden? Wird es in einem Banktresor als Geldanlage verschwinden und so für die Kunst- und die Klimt-Forschung verloren sein?
Viele Fragen sind offen geblieben: Man weiß nach wie vor nicht, wer diese „Fräulein Lieser“ ist: Margarethe Constance, die Mutter des aus Wien stammenden jüdischen Barons William de Gelsey, der immer vermutete, dass man ihm das Bild vorenthalte und sagte, es werde „erst nach seinem Tod wieder auftauchen“. Was geschah! Oder ist es eine der Schwestern Helene und Annie Lieser, deren Mutter Henriette „Lilly“ im Holocaust ermordet wurde. Wissenschafter üben heftige Kritik, dass das Denkmalamt bereits 2023 das Bild als „Restitutionsgut“ zur Ausfuhr freigab, obwohl die Nazis das Werk nie beschlagnahmt hatten.
Die Provenienzfrage ist zum Teil ungeklärt. Und ist nicht merkwürdig, warum sich der jetzige Eigentümer mit dem Verkauf nicht an eines der großen Häuser wie Sotheby’s oder Christie’s gewandt hat, wo Klimt bis zu 100 Millionen erzielte. Gab’s Befürchtungen wegen der Ausfuhr?
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