Marcel Hirscher steht am Anfang seiner zweiten Karriere als alpiner Skirennläufer. Im Weltcup kann der mehrfache Rekordmann in diesem Metier vorerst nicht an den Start gehen, das verhindert in erster Linie das FIS-Regulativ. An der Fitness und am Ehrgeiz des 35-jährigen Unternehmers würde es hingegen nicht scheitern, meinen Weggefährten. Doch ist die Rückkehr an die Weltspitze für den Pass-Niederländer überhaupt denkbar oder handelt es sich nur um einen Marketing-Schachzug?
Für Marko Pfeifer steht fest, dass Hirscher noch immer das Zeug hätte, vorne mitzumischen. „Dass der das Skifahren nicht verlernt hat, versteht sich von selbst“, sagte Österreichs Männer-Cheftrainer. „Ich weiß auch, dass Marcel ständig seine Kondition trainiert hat, dass er ständig beim Skifahren war. Es wird natürlich ein Thema der Startnummer sein“, weiß der Kärntner. „Aber ich sage einmal, wenn der Marcel in einen Bereich kommt, wo er im Weltcup wieder die Startnummer hat, dann gehe ich auch davon aus, dass er wieder ganz vorne mitfahren kann.“
Aktuell wären Weltcup-Starts für Hirscher aufgrund der FIS-Regeln gar nicht möglich. Nach fünf Saisonen als Ski-Pensionist, dessen FIS-Status offiziell auf inaktiv gesetzt war und der keine Ergebnisse eingefahren hat, startet er fast wieder bei null.
Herkulesaufgabe
Die Qualifikationsstandards für Weltcup-Rennen werden vor jeder Saison evaluiert und gelten dann den gesamten Winter. Im Vorjahr hatten bei den Männern nur die ersten 150 der FIS-Punkte-Liste in der jeweiligen Disziplin das Startrecht. Hirscher rangiert in der letzten April-Liste der Saison 2023/24 im Slalom auf Platz 300 und im Riesentorlauf auf 777. Sobald der Nationenwechsel tatsächlich offiziell vollzogen ist und der Salzburger wieder als Aktiver gilt, wartet also eine Herkulesaufgabe auf ihn, wenn er sich entscheidend nach vorne arbeiten will.
Start bei „Heim“-WM?
Dazu sind vor allem FIS-Rennen geeignet, bei denen üblicherweise der Nachwuchs Rennerfahrungen sammelt. Sie gibt es zuhauf während der Saison, an den unterschiedlichsten Schauplätzen. Die Pistenbeschaffenheit ist meist fernab von Weltcup-Standards. Los geht es bereits im (europäischen) Sommer in Neuseeland und Südamerika. Bei diesen Rennen müsste Hirscher mehrmals dick anschreiben, um seine Weltcup-Lizenz zurückzubekommen. Bei Großereignissen jedoch sind die Kriterien weniger streng – das öffnet Tür und Tor für die Heim-WM 2025 in Saalbach-Hinterglemm.
„Wenn es einer packen kann, dann ist der Marcel der Einzige, dem man das zutrauen kann“, zeigte sich auch Felix Neureuther überzeugt, dass sein langjähriger Weggefährte und Kumpel ein erfolgreiches Comeback hinlegen kann. „Wenn der Marcel am Start steht, dann will er auch abliefern“, sagte der erfolgreichste deutsche Weltcup-Athlet. Dass Hirscher hauptsächlich eine Marketing-Aktion im Sinn hat, glaube er nicht, betonte der Bayer.
Hirschers Firma ließ in einer Aussendung verbreiten, er wolle „seine Freude am Rennfahren mit seiner beruflichen Aufgabe verbinden, Equipment seiner Skimarke Van Deer-Red Bull Sports zu testen und weiterzuentwickeln“. Von der Freude am Rennfahren war von den Protagonisten am Mittwoch auffallend oft die Rede – dabei hatte Hirscher nach seinem Rücktritt 2019 mehrfach angeführt, dass er gerade die Lust daran verloren habe. Hirschers Van-Deer-Mitstreiter Anton Giger betonte dagegen, dass man gespürt habe, „dass er immer wieder einmal“ Richtung Comeback überlegt habe.
Für den österreichischen Wintertourismus hätte eine Medienpräsenz von Hirscher in den Niederlanden jedenfalls den angenehmen Nebeneffekt, dass in einem wichtigen Herkunftsmarkt kräftig die Werbetrommel gerührt würde. Mit 6,7 Millionen Nächtigungen in der Wintersaison 2022/23 laut Statistik Austria sind die Niederlande Nummer zwei bei den Auslandsgästen hinter Deutschland und jetzt schon ein wesentlicher Faktor für die heimischen Betriebe. Gäste aus dem Land halten sich überdies bei einem Winterurlaub überdurchschnittlich lange in Österreich auf. Hirscher könnte die Ski-Begeisterung in den Niederlanden zusätzlich anfachen.
Noch kein „Oranje“-Stockerl
Die bisher mit Abstand beste Weltcup-Platzierung eines „Oranje“-Starters erreichte übrigens 2012 Marvin van Heek, der in Gröden bei einer verkürzten Abfahrt auf Position acht fuhr. Bei den Frauen schaffte es die gebürtige Deutsche Christa Kinshofer in den 1980er-Jahren sogar zweimal auf den fünften Platz.
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