Hilfe aus Österreich
Der Fluch der Karibik: Mord-Banden ohne Gnade
Inmitten der grauenhaften Bandenkriege auf Haiti sorgten Mitarbeiter der Caritas dafür, dass alle Kinder in dem von Österreich errichteten Waisenhaus in Sicherheit gebracht wurden.
Das Horrorbeben von 2010 mit 300.000 Toten, der Ausbruch von Pest und Cholera, korrumpierte Politiker, die Spendengelder unterschlagen – und jetzt kriminelle Banden, denen die Polizei machtlos gegenübersteht: Haiti, das Armenhaus unter Palmen, ist der „Chaos-Staat“ schlechthin. In der Metropole Port-au-Prince haben Banditen 90 Prozent der Stadt im Griff. Sie kontrollieren die Zugänge zum Hafen und Flughafen, das zentrale Treibstoffdepot und sämtliche Ausfallstraßen.
Aus gierigen Plünderern wurden eiskalte Kidnapper
Schon 2012 erlebten der damalige Caritas-Direktor Michael Landau und „Krone“-Reporter Christoph Matzl hautnah den Terror von Kidnappern. Nur dank einer waghalsigen Amokfahrt des Taxlers gab es ein Entkommen aus einem umkämpften Bezirk. Damals besuchte Monsignore Landau gerade die Karibikinsel, um sich ein Bild vom Fortschritt im Schul- und Waisenheim für Hinterbliebene des Katastrophenbebens zu machen.
Plünderer haben mittlerweile alles an sich gerissen, was es zu holen gab. Und so verlegten sich die Kriminellen auf den Drogenhandel, Schutzgelderpressung und Entführungen – auch von Kindern: Mädchen als Teenager-Prostituierte und Buben als Nachwuchsbanditen!
Caritas-ManagerIn: „Die Menschen sind verzweifelt“
Die Situation in Haiti hat sich in den vergangenen Monaten noch einmal dramatisch verschärft. Besonders betroffen sind Kinder. „Wir erleben die schwerste Hungerkrise seit Jahren. Derzeit sind etwa 5,5 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen – das ist die Hälfte der Bevölkerung. Die Preise für Grundnahrungsmittel sind zuletzt noch stärker gestiegen und für viele Menschen einfach nicht mehr leistbar. Durch die ausufernde Aggression der Banditen verschlechtert sich die Situation zusehends. Die Menschen sind verzweifelt“, bringt Caritas-Managerin Daniela Pamminger die trostlose Lage auf den Punkt.
Daten & Fakten
- Im Dezember 1492 entdeckte Christoph Kolumbus die Antilleninsel Hispaniola: Haiti umfasst den westlichen Teil, den Ostteil nimmt die Dominikanische Republik ein – hier starb Weltstar Falco 1998 bei einem Unfall.
- Konkret trennte sich Santo Domingo 1844 von Haiti, wurde unabhängig von Spanien, nannte sich Dominikanische Republik. Am 12. Jänner 2010 machte ein Beben der Stärke 7,2 aus der blühenden Karibik-Stadt Port-au-Prince einen Trümmerhaufen. 300.000 Menschen kamen ums Leben, 1,5 Millionen Haitianer wurden obdachlos.
- Derzeit ist eine UN- Eingreiftruppe geplant, die einen Übergangsrat unterstützen und für Ordnung in Haiti sorgen soll.
Hinzu kommt eine beispiellose Welle der Gewalt. „Wenn Menschen am Morgen außer Haus gehen, dann wissen sie oftmals nicht, ob sie am Abend wieder heimkommen. In den ersten drei Monaten dieses Jahres wurden mehr als 1500 Personen in Haiti getötet. Die meisten von ihnen, weil sie zur falschen Zeit am falschen Ort waren“, so die Caritas-Mitarbeiterin nachdenklich über die Bedrohungslage.
Kinder leiden nicht nur unter Mangelversorgung und der ständigen Angst vor Gewalt. Für eine Million Kinder ist der Schulbesuch unmöglich. Denn 13.000 Kriminelle – aufgeteilt auf 200 Banden – lauern in schmalen Gassen auf Entführungsopfer ...
So gut wie jede Schule in Port-au-Prince ist zu
Fast alle Schulen in Port-au-Prince sind geschlossen. Es wird zwar Online-Unterricht versucht, aber viele Haushalte haben entweder gar keine Computer oder nicht einmal Strom, um dem Unterricht folgen zu können. „Vor diesem Hintergrund ist es generell schwierig, humanitäre Hilfe zu leisten. Doch die positive Nachricht lautet: Die Caritas leistet mit ihren Partnern weiterhin Unterstützung“, zeigt sich die engagierte Vorarlbergerin (noch) zuversichtlich.
„Ohne Hilfe droht eine Hungersnot“
Caritasdirektor Klaus Schwertner glaubt nicht an eine rasche Entspannung der Lage in Haiti, wie er im „Krone“-Interview verriet.
„Krone“: Herr Direktor Schwertner, wie ist die Lage auf Haiti derzeit?
Klaus Schwertner: Absolut dramatisch. Das wurde uns bewusst, als wir unser Waisenhaus gemeinsam mit den Salesianerinnen Don Boscos evakuieren mussten. Dieses Beispiel zeigt, wie gefährlich die Lage tatsächlich ist.
Kann die Caritas dennoch effektive Hilfe leisten?
Ja. Hilfe ist möglich, aber unter schwierigsten Bedingungen. Gemeinsam mit den Ordensschwestern unterstützen wir die Kinder und geben ihnen ein Dach über dem Kopf.
Was braucht es momentan am dringendsten?
Aufgrund der ausufernden Gewalt ist es jetzt sehr wichtig, die Menschen und vor allem die Waisenkinder in den besonders betroffenen Gebieten zu schützen. Natürlich müssen wir uns auch darum kümmern, dass die humanitäre Versorgung unserer Betreuten gesichert ist. Derzeit jedenfalls reicht die internationale Hilfe bei Weitem nicht aus. Das heißt, es besteht die akute Gefahr einer Hungersnot.
Spenden
Wie glauben Sie, dass es in Haiti weitergehen wird?
Derzeit muss davon ausgegangen werden, dass Gewalt und Unsicherheit weiter anhalten. Wenn wir jetzt in unserer Hilfe nachlassen, werden noch mehr Männer, Frauen, aber vor allem auch Kinder von Hunger und Gewalt betroffen sein. Als Caritas wollen wir weiterhin helfen. Unsere dringende Bitte lautet, uns dabei zu unterstützen. Jede Spende zählt!
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