Die Europäische Kommission hat wegen des Verdachts auf Verstöße gegen EU-Recht ein Verfahren gegen den Facebook- und Instagram-Konzern Meta eröffnet. Es werde unter anderem geprüft, ob sich das US-Unternehmen im Umgang mit politischer Werbung nicht an europäische Regeln gehalten habe, teilte die Kommission am Dienstag in Brüssel mit.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte, ihre Behörde habe Mittel geschaffen, um europäische Bürgerinnen und Bürger vor gezielter Desinformation und Manipulation durch Drittländer zu schützen. „Wenn wir einen Verstoß gegen die Regeln vermuten, handeln wir. Das gilt zu jeder Zeit, aber besonders in Zeiten demokratischer Wahlen“, sagte die ehemalige deutsche Verteidigungsministerin.
„Wir haben den Verdacht, dass Metas Inhaltemoderation unzureichend ist“, teilte EU-Digitalkommissarin Margrethe Vestager am Dienstag mit. „Es fehlt an Transparenz.“ Letzteres gelte auch für die Auftraggeber politischer Online-Werbung. Daher werde nun geprüft, ob die Dienste Facebook und Instagram des US-Konzerns gegen den Digital Services Act (DSA) verstoßen.
Meta weist Vorwürfe zurück
Meta wies den Vorwurf zurück. „Wir haben ein etabliertes Verfahren zur Identifizierung und Minimierung von Risiken auf unseren Plattformen.“ Der US-Konzern hat nun fünf Arbeitstage Zeit, um die EU über mögliche Schritte zur Beseitigung der Bedenken zu informieren. Der DSA unterwirft sehr große Internetfirmen einer verschärften Regulierung. Das Gesetz verpflichtet sie unter anderem dazu, ein Risikomanagement einzurichten sowie verstärkt gegen Hass und Hetze im Internet vorzugehen. Bei Verstößen drohen Strafen von bis zu sechs Prozent des weltweiten Jahresumsatzes.
Bei den mutmaßlichen Verstößen geht es unter anderem darum, dass Meta die Verbreitung von irreführender Werbung und Desinformationskampagnen in der EU nicht ausreichend bekämpft. Darüber hinaus vermutet die Kommission, dass die Möglichkeiten von Nutzerinnen und Nutzern, sich etwa über Inhalte auf den Plattformen zu beschweren, nicht den Anforderungen des europäischen Rechts entsprechen. Zudem gewähre Meta Forschenden nur unzureichend Zugang zu Daten.
Die Kommission betont, dass die Einleitung des Verfahrens lediglich einen Verdacht prüft und die vorläufige Einschätzung der Behörde noch kein endgültiges Ergebnis darstelle. Die Kommission werde weiterhin Beweise sammeln, etwa durch Befragungen. Zudem könnte die EU-Kommission theoretisch Zugeständnisse von Meta akzeptieren.
Ermittlungen um „Doppelgänger“-Netzwerk
Die Ermittlungen der Behörden drehten sich Insidern zufolge vor allem um das Netzwerk „Doppelgänger“. Diese Gruppe aus Russland ist bekannt dafür, authentische Medien täuschend echt nachzuahmen. Meta hatte die Aktivitäten von „Doppelgänger“ 2022 aufgedeckt und nach eigenen Angaben seither Zehntausende Links blockiert, die mit diesem Netzwerk in Verbindung stehen.
Die EU kritisierte Meta darüber hinaus für das Fehlen eines wirksamen Instruments für einen Bürgerdialog und die Wahlbeobachtung durch Dritte in Echtzeit. Bedenklich sei außerdem, dass die Analyse-Software CrowdTangle abgeschaltet werden soll. Mit deren Hilfe konnten Wissenschafter, Journalisten und Unternehmen nachverfolgen, welche Beiträge auf Online-Plattformen besonders erfolgreich waren. Allein in der EU nutzen monatlich mehr als 250 Millionen Personen die diversen Dienste von Meta.
Im Oktober hatte EU-Industriekommissar Thierry Breton Facebook bereits vor zu vielen manipulierten Inhalten auf der Plattform im Zusammenhang mit Wahlen gewarnt. Er wolle unverzüglich über Einzelheiten der Maßnahmen informiert werden, die Facebook getroffen habe, um Fälschungen einzudämmen, auch im Hinblick auf bevorstehende Wahlen in der EU, schrieb Breton. Im Sommer wird das Europaparlament neu gewählt.
Angst vor russischen Kampagnen
Viele in der EU gehen davon aus, dass Russland versucht, Einfluss auf die Wahlen auszuüben. Belgien hatte jüngst öffentlich gemacht, dass Geheimdienstinformationen zeigten, dass es Versuche gebe, möglichst viele russlandfreundliche Abgeordnete ins Europaparlament wählen zu lassen. Vergangene Woche hatte die belgische EU-Ratspräsidentschaft den Krisenreaktionsmechanismus (IPCR) der Staatengemeinschaft ausgelöst, wodurch sich enger etwa über laufende Maßnahmen gegen russische Einflussnahme ausgetauscht werden soll.
Gegen die Online-Plattform TikTok und den Kurznachrichtendienst X (früher Twitter) laufen bereits Verfahren. Bei TikTok wird geprüft, ob der chinesische Konzern mit seiner App-Version TikTok Lite die psychische Gesundheit von Minderjährigen gefährdet. X wurde nach Hinweisen auf illegale und irreführende Beiträge zum Angriff der islamistischen Hamas auf Israel ein Fragenkatalog geschickt, den die Firma wohl nicht zur Zufriedenheit der EU-Kommission beantwortet hatte. Mitte Dezember war ein Verfahren gegen X eingeleitet worden.
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